Eine Gruppe in der Genovevastraße in Mülheim zeigt, wie Nachbar:innen Stück für Stück den öffentlichen Raum in der eigenen Straße zurückgewinnen können – und wie ein Blumenbeet der Auftakt zur vernetzten Nachbarschaft sein kann. Die Genovevastraße ist abends meist hochfrequentiert – auch wegen der unmittelbaren Nähe zu Konzerthallen, zum Carlswerk, Schauspielhaus, der Keupstraße, die mit einer Auswahl an Restaurants lockt, und als Laufstrecke vom […]
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Von der Baumbeet-Patenschaft zur aktiven NachbarschaftsinitiativeEine Gruppe in der Genovevastraße in Mülheim zeigt, wie Nachbar:innen Stück für Stück den öffentlichen Raum in der eigenen Straße zurückgewinnen können – und wie ein Blumenbeet der Auftakt zur vernetzten Nachbarschaft sein kann.
Die Genovevastraße ist abends meist hochfrequentiert – auch wegen der unmittelbaren Nähe zu Konzerthallen, zum Carlswerk, Schauspielhaus, der Keupstraße, die mit einer Auswahl an Restaurants lockt, und als Laufstrecke vom und zum Wiener Platz. Der Publikumsverkehr hinterlässt leider Spuren – oft in Form von vollgemüllten Fahrradkörben und Baumbeeten, besetzten Hauseingangsstufen und Motorhauben aufgrund mangelnder Sitzmöglichkeiten in der Umgebung.
Draufsicht der Genovevastraße. Quelle: Open Street Map
Und obwohl Zone 30 vorgeschrieben ist, rasen viele Autofahrende mit weitaus mehr km/h in die Straße, auf der schnellen Suche nach einem Parkplatz. Dass dies zu einem überwiegenden Teil Bewohner:innen Parkplätze sind, scheint die autofahrenden Nicht-Anwohnenden wenig zu stören, sofern es ihnen überhaupt bekannt ist.
Im Jahr 2020 hat sich eine Nachbarschaftsgruppe in der Straße gefunden, die im Kern aus drei engagierten Nachbarinnen besteht. Sie haben neue Perspektiven für ihre Nachbarschaftsstraße und wünschen sich beispielsweise eine verkehrsberuhigte Einbahnstraße (die Weiterführung der Einbahnstraße von der Heidkampstraße in die Genovevastraße) und Möglichkeiten, wie die Nachbarschaft zusammenkommen kann.
Im Lockdown und den einhergehenden gesellschaftlichen Einschränkungen in der Pandemiezeit setzte die Gruppe immer wieder an sich zu engagieren, jedoch ergab sich (pandemiebedingt) keine gemeinsame Umsetzung von geplanten Nachbarschaftsaktionen.
Anfang 2022 nahmen sie einen neuen Anlauf und beantragten im Rahmen des Agora Köln-Projekts „Das gute Leben in den Veedeln“ zunächst zwei Baumscheiben-Patenschaften (Baumbeete) bei der Stadt Köln und bepflanzten diese anschließend. Weitere Baumbeet-Patenschaften und -Bepflanzungen folgten.
Eines der Baumbeete vor und nach der Bepflanzung. Foto: J. Telli, 2022
Einige fragen sich jetzt sicher: Wie tragen ein paar mehr Blumen zwischen den Parkplätzen zur Nachhaltigkeitstransformation bei?
Gemeinsame Aktionen schaffen die wichtigste Grundlage für nachhaltigen Wandel – die Verbindung untereinander in der Nachbarschaft. Gemeinsam beantragte die Gruppe die Patenschaften, machte sich Gedanken zur Gestaltung der Beete und traf sich zum gemeinsamen Gärtnern auf der Fläche. So wurde das Engagement sichtbar und lieferte Anstöße zum Austausch über die verschiedenen Wünsche der Anwohner:innen für ihre Straße. Beim Pflanzen und Gärtnern kamen sie mit vorbeilaufenden Nachbar:innen in Kontakt, plauschten ein wenig und luden Interessierte ein, sich anzuschließen und mitzuengagieren.
Das im März 2022 organisierte Einweihungsfest der Beete in geselliger Runde mit Bananenbrot, Limo und einer Ansprache, schuf den optimalen Rahmen zur Vernetzung. Darüber hinaus richtete die Gruppe eine eigene Email-Adresse und eine Signal-Gruppe (Messenger) für ihre Initiative ein, so dass Nachbar:innen mit ihnen leichter in Kontakt kommen und bleiben konnten.
Die Probleme sind den Bewohner:innen der Straße schon lange ein Dorn im Auge. Einige haben sich daher bereits vor Jahren engagiert, zum Beispiel mit Müllsammelaktionen und auch Baumbeetpatenschaften. Da die Beete immer wieder vollgemüllt wurden, war dies sehr mühsam. Durch die aktuelle Baumbeetaktion konnte die Gruppe diese Nachbar:innen im Gespräch wieder dazu motivieren, gemeinsam weiter zu machen und an die vergangenen Aktionen anzuknüpfen.
So halfen ein paar Blumen dabei, eine aktive Nachbarschaft in der Genovevastraße zu fördern.
Die Inititiative hat sich vorgenommen, in monatlich stattfindenden Treffen an den Baumbeeten über eine mögliche Veränderung ihrer Straße zu diskutieren: - Sollen Parkplätze abgegeben werden, um Sitzmöglichkeiten zu schaffen oder mehr Raum zum Spielen für die Kinder?
- Wo werden dringend Mülleimer gebraucht?
- Wie könnten die Parkhäuser in der Nähe besser beschildert werden, um die Parksituation in der Straße zu entspannen?
- Wie wird sich die Lärmbelastung verändern, wenn die Genovevastraße eine Einbahnstraße in Richtung Ausfahrt auf die Keupstraße werden würde?
Foto: D. Dübbers
Für all diese wichtigen Fragen hat die Gruppe Raum geschaffen und damit die Grundlage für Forderungen an die Politik gemeinsam erarbeitet, die im Mai 2022 an die Bezirksvertretung Mülheim gegeben werden konnten.
Wir sind gespannt, wie es mit der Nachbarschaftsinitiative Genovevastraße weitergeht!