Die Möglichkeiten zur politischen Beteiligung der Kölner Bürger*innen sollen erweitert werden – damit die Demokratie stark bleibt. Dazu bildet sich aktuell eine Initiative, die noch in diesem Jahr einen Bürger*innenrat für Köln auf den Weg bringen will. Doch auch darüber hinaus tut sich in der Stadt einiges. Partizipation (lateinisch für „Beteiligung“) ist das Leitwort der […]
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Beteiligungskultur: Alle paar Jahre wählen gehen und das war’s?Die Möglichkeiten zur politischen Beteiligung der Kölner Bürger*innen sollen erweitert werden – damit die Demokratie stark bleibt. Dazu bildet sich aktuell eine Initiative, die noch in diesem Jahr einen Bürger*innenrat für Köln auf den Weg bringen will. Doch auch darüber hinaus tut sich in der Stadt einiges.
Partizipation (lateinisch für „Beteiligung“) ist
das Leitwort der Demokratie. Worten müssen zwar nicht immer, sollten aber je nach Fall schon auch Taten folgen. Sonst verlieren sie nämlich ihr Gewicht. Geht’s um die Demokratie und die Tat, drängt sich erst mal der Gedanke ans Kreuzchen setzen in der Wahlkabine auf, ob nun anlässlich der Wahl zum Bundes- oder Landtag oder zum Stadtrat. Dann gibt es auch in Deutschland bestimmte Formen der „direkten Demokratie“, wie etwa ein Bürger*innen-Begehren bzw. den daraus resultierenden -Entscheid auf kommunaler Ebene.
Stärkung des demokratischen Selbstverständnisses
Angesichts einer befürchteten Demokratie-Ermüdung stellen sich aber die unterschiedlichsten Expert*innen immer öfter die Frage, ob das auf Dauer als Beteiligungsangebot genügt. Oder ob es nicht zur Stärkung des demokratischen Selbstverständnisses noch etwas mehr braucht, einen neuen Ansatz. Zumal es zur Gewichtssteigerung ja vielleicht auch mal ganz gut wäre, wenn nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ die Volksrepräsentation übernehmen, sondern tatsächlich Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher von nebenan. Denn wer soll sich besser einbezogen in den demokratischen Prozess einbezogen fühlen, als die*derjenige, die*der ganz direkt mitreden und auch entscheiden darf? Das gilt wohl gerade direkt vor der eigenen Haustür, wo die Konsequenzen des eigenen Tuns unmittelbar sichtbar werden können.
Ein vielversprechender Ansatz: der Bürger*innenrat
Was also tun? Eine vielversprechende Antwort auf diese Frage sind Bürger*innenräte. Erfunden haben’s nicht die Schweizer*innen – die mit ihren Volksabstimmungen sonst bei der direkten Demokratie ganz vorne mit dabei sind –, sondern kluge Köpfe im Nachbarland Österreich.
Das gilt zumindest für die aktuell diskutierte Form. Ähnliche Experimente gab es
im Laufe der Geschichte schon einige; angefangen im antiken Griechenland, weiter über lokale Bürgerversammlungen im Zuge der französischen Revolution oder in den noch jungen Vereinigten Staaten bis hin zu unterschiedlichen Formen dann auch hierzulande in Folge des Wirkens der 1968er und darüber hinaus.
Neue Schwung für ein altes Thema
Aktuell erhält das Thema nun also bundesweit (und auch international) neuen Schwung. Das Ganze ist nicht zu verwechseln mit einer Bürger*inneninitiative. Hier schließen sich Interessierte von sich aus zusammen, um sich gemeinsam für ein bestimmtes Anliegen vor Ort einzusetzen (was sie in aller Regel unmittelbar selbst betrifft).
Bürger*innenräte dagegen sind eine Form konsultativer, also durchführender und darauf beruhender Bürger*innenbeteiligung im
tatsächlichen Wortsinne. Die Teilnehmer*innen äußern sich hierbei lösungsorientiert zu unterschiedlichsten kontroversen Fragen.
Der Clou daran: Die Teilnehmerschaft setzt sich aufgrund von Zufallswahl zusammen.Wie genau das Ganze in Köln abläuft, steht aktuell noch nicht ganz fest.
Auf der Internetseite der Kölner Freiwilligen Agentur e.V. (KFA) gibt es zum Verfahren aber bereits einige weitere Informationen. Hier heißt es:
Die Anwendung des Losverfahrens im Kontext der Öffentlichkeitsbeteiligung verfolgt drei wesentliche Ziele:
Inklusion solcher Bevölkerungsgruppen, die tendenziell unterrepräsentiert sind bzw. aus verschiedenen Gründen auf Beteiligung verzichten
Bereitstellung eines möglichst diversen Inputs zu ausgewählten stadtpolitischen Fragen von allgemeinem Interesse
Unterstützung gewählter Institutionen bei der Konsensfindung insbesondere in Fragen, deren Lösung einen gesellschaftlichen Kompromiss erfordert
Die Rolle der ausgelosten Teilnehmenden besteht darin, in einem kollektiven Prozess Empfehlungen zum gegebenen Sachverhalt zu formulieren. Ihre besondere Befähigung hierzu besteht gerade nicht in ihrer fachlichen Expertise – die ihnen extern zur Verfügung gestellt werden soll – sondern in der Diversität ihrer Lebenswelten, der eine nachhaltige Stadtpolitik gerecht werden möchte.Klarer Auftrag durch die Politik
Von anderen losbasierten Partizipationsverfahren grenzen sich die Bürger*innenräte dadurch ab, dass sie durch die Verwaltung, Parlamente oder Regierungen – also durch staatliche oder kommunale Organe – beauftragt sind. Bürger*innenräte wirken demnach in zwei Richtungen: Einerseits sind sie Teil der allgemeinen Willensbildung der Bevölkerung, andererseits dienen sie konkret der Beratung der politischen Entscheidungsträger*innen, wie in einer Studie der Konrad Adenauer Stiftung zum Thema (
siehe unten) erklärt wird.
Ausbau der Beteiligungskultur in Köln
Insgesamt bemüht sich die Stadt Köln aktuell, die Beteiligungskultur im Allgemeinen bzw. die Öffentlichkeitsbeteiligung im Speziellen zu stärken. „Eine starke zukunftsfähige Beteiligungskultur ist ein wichtiger Pfeiler für Köln. Denn städtische Planungs- und Entscheidungsprozesse werden von den Ideen und Perspektiven der Stadtgesellschaft sinnvoll ergänzt und angereichert. Öffentlichkeitsbeteiligung ist eines unserer zentralen Zukunftsinstrumente für die Entwicklung der Metropole Köln. Die Kölnerinnen und Kölner können und sollen ihre Stadt aktiv mitgestalten, dadurch wird Köln noch lebenswerter“, erklärt Oberbürgermeisterin Henriette Reker dazu (
in einer Pressemitteilung der Stadt).
Die städtischen Bemühungen laufen unter dem Titel
„Systematische Öffentlichkeitsbeteiligung“. Dazu hat die Stadt Köln unter anderem auch
einen Beirat ins Leben gerufen, der Politik und Verwaltung berät und Empfehlungen gibt.
Beteiligung für alle: Meinung für Köln
Darüber hinaus hat die Stadt ihr Beteiligungsportal unter www.meinungfuer.koeln ausgebaut. Ab sofort dient es als Informations- und Zugangsplattform für alle städtischen Beteiligungsmöglichkeiten und bietet einen Überblick, wie man eine Beteiligung anregen kann und welche Möglichkeiten es gibt mitzuwirken. Auch neue Formate von Online-Dialogen erwarten die Kölner*innen. Aktuelle Veranstaltungen rund ums Thema Beteiligung sind ebenfalls auf dem Portal zu finden.
Seit Anfang 2021 gelten die Leitlinien für Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln für alle Vorlagen der Bezirksvertretungen Nippes, Kalk und Lindenthal sowie für Vorlagen des Ausschusses Klima, Umwelt und Grün und des Verkehrsausschusses (zunächst alle Vorlagen des Dezernates für Mobilität und Liegenschaften). Grundlage für die Systematische Öffentlichkeitsbeteiligung sind die vom Rat der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien für Öffentlichkeitsbeteiligung. Nach einer positiv verlaufenen Pilotphase beschloss der Rat am 18. Juni 2020 die Ausweitung der Systematischen Öffentlichkeitsbeteiligung. Ein weiterer Ausbau ist ab 2023 geplant.
Jetzt mitmachen bei der Ausgestaltung!
Was genau das Thema des ersten Kölner Bürger*innenrates sein wird, steht noch nicht fest. Dazu seien noch Sondierungen im Gange, heißt es bei der KFA. Aktuell formiert sich erst noch eine stadtgesellschaftliche Initiative, die den ersten Kölner Bürger*innenrat ehrenamtlich organisieren wird. Die Möglichkeit zur Mitarbeit in jeglicher Form steht allen Kölner*innen ausdrücklich offen, Ansprecherpartner dafür ist Thomas Leszke, der
unter dieser Adresse per E-Mail erreichbar ist.
Weitere Möglichkeiten, sich zu engagieren
Wir von der Bürgerstiftung Köln begrüßen die oben geschilderten aktuellen Entwicklungen ausdrücklich! Schließlich wird Partizipation bei uns groß geschrieben, nicht nur weil es der Duden gebietet. Wir bieten allen Einwohner*innen der Stadt ebenfalls gerne unterschiedliche Möglichkeiten, sich zum Wohle der Stadt zu engagieren.
Zum aktuell laufenden Prozess hätten wir aber ganz bescheiden noch eine Anregung. So sehr alle Beteiligten
das Pilot-Beteiligungsverfahren “Kulturraum Kölner Friedhöfe 2025” aus dem Jahr 2019 loben und so aufschlussreich,
sogar ergebnisorientiert auch die eine oder andere Erkenntnis daraus gewesen sein mag: Vielleicht geht’s insgesamt etwas kontroverser und lebendiger?
Lebendige Beteiligungskultur in Köln
Denn die Beteiligungskultur in Köln ist jung, stark und kreativ. (
Beispiel gefällig? Noch eins? Noch eins? Und hier noch eins mit Eigenwerbung.) In Anbetracht dieses großes Engagement meinen wir eigentlich schon, dass etwas mehr Zutrauen zu den großen Themen durchaus angebracht ist. Das Ganze können wir uns ja so vorstellen: Je reichhaltiger die Speise, um so mehr Speck kommt auf die Rippen. Und steht die Demokratie gut im Futter, lässt sie sich so schnell nicht umhauen.
Mehr Infos rund ums Thema gibt es hier:www.buergerrat.de (Das
Foto oben zeigt eine Abstimmung beim „Bürgerrat Demokratie“.)
Studie der Konrad Adenauer Stiftung: Zukunftsmodell Bürgerrat?Autor des Artikels ist Martin Müller, Vorstandsmitglied bei der Bürgerstiftung Köln (nicht verwandt mit oben genanntem Lieschen)-> zurück zur ÜbersichtDer Beitrag
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