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HiK Heimatlos in Köln


Franco ClemensAppell von Dringlichkeit von fester sozialraumorientierter mobiler Hotspotarbeit im StraßenKulturMilieu !
Am Mittwoch waren wir mit HIK (Heimatlos in Köln), als...o Linda, Stephanie, Marvin und meine Wenigkeit wieder am Wiener Platz unterwegs. Wie immer gut ausgerüstet mit Spenden, diesmal mit frischen Salaten, Broten, Wasser, Cola, Hygieneartikel und Hundefutter. In den warmen Sommermonaten scheint sich die Szene als Hauptstoßzeiten zu etwas anderen Uhrzeiten am Platz zu versammeln als im Winter. Die Kernzeiten finden wir zur Zeit noch experimentell heraus. Neben der großen angestammten StraßenKulturSzene, gesellen sich dort auch immer mal wieder ganz neue Gesichter dazu. Die, die uns bereits seit Monaten kennen, erklären ihnen dann meistens schon die Regeln bei der Verteilung der Spenden, sodass wir selbst kaum nachsteuern müssen. D.H. ein Indiz dafür, das die Verhaltensregeln und Werte von den Streetworkern von "innen heraus" dort in die Gruppe implementiert werden, die sich dann als gruppendynamischer Prozeß selbst mit reguliert. Stehts ein audruckstarkes erstes Indiz dafür, dass die Streetworkarbeit über die Beziehungsebene greift und damit auch "schrittweise" auf die atmosphärische Gestaltung und kulturellen Verhaltenskodex im öffentlichen Raum mit Einfluß nimmt. D.H. am Wiener Platz beginnt nun für HIK schon das "Next Level", was sich aber aufgrund meiner langen Erfahrung in dem Job, nur über eine ständige Präsents im direkten Umfeld über ein Streetworkerbüro wirklich manifestieren läßt, weil es dafür der ständigen Nachsteuerung und Präsents bedarf. Insgesamt herrscht im Moment eine gute Atmosphäre in der Szene, das war vor einigen Wochen nicht so.
Traurig allerdings zu sehen das einige stark Drogenabhängige inzwischen körperlich massiv abbauen, und man ihnen nur schwer helfen kann, wenn sie die Hilfen und Angebote der Drogenhilfe nicht annehmen oder der Zugang zu hochschwellig ist. Man begleitet also mit jeweils kurzen Kontakten über Monate eigentlich einen ständigen sich verschlechternden körperlichen und mentalen Zustand dieser Menschen, der nur durch eine radikales rausziehen aus dem Milieu in eine stationäre Langzeittherapie zu stoppen ist.
Zum Glück hatten wir diesmal unsere Sanitäterin Stephanie Baehr wieder dabei, weil ein uns bekannter Junkie ganz versteckt in einer Ecke im Umfeld des Wiener Platzes schwer kollabiert war, wobei es um Leben und Tod ging. Inzwischen kennen wir auch die verschiedenen Ecken wo sich die Szene u.A. zum schlafen zurückzieht oder ihr weniges Hab und Gut bunkert. So war es nur dem Zufall zu verdanken, das wir zum richtigen Moment am richtigen Ort waren. Nach einer Prüfung der Körperwerte schlug Stephanie sofort Alarm und drängte energisch auf einen Krankenwagen, der circa 20 Minuten später erst am Ort des Geschehens ankam.
Bis dahin galt es den Patienten zu stabilisieren und darauf zu achten, dass er beim krampfen sich nicht verletzt, da er zwischenzeitlich immer wieder das Bewusstsein verlor um kurze Zeit später wieder innerlich aufbrausend und tobend gehen wollte, wozu er körperlich gar nicht in der Lage war. Stephanie schaffte es dann mit viel Überredungskunst und etwas Nachdruck ihn mit der ebenfalls anwesenden Notärztin auf der Bahre in den inzwischen eingetroffenen Krankenwagen zu geleiten. Auch gelang es die völlig aufgelöste Freundin des jungen Mannes mit in den Krankenwagen zu bugsieren, um ihren Freund ins Krankenhaus zu begleiten. Das war vor allem aus psychologischen Gründen sehr wichtig, da sie einen beruhigenden Einfluss hatte, wenn er zwischen Apathie, Ohnmacht, plötzlichem krampfen und aufbäumen in Aggression gegen die Helfer verfiel.
Fazit :
Es war ein sehr emotional anstrengender Abend für die Streetworker und beiden Ehrenamtler Marivn und Stepahnie. Die guten Ortskenntnisse rund um den Wiener Platz und damit Kenntnisse auch über die informellen Treffpunkte der Szene haben sich bewährt, sonst wäre wahrscheinlich da gestern jemand verstorben, so wie die Notärztin die Einschätzung unserer Sanitäterin Stephanie später bestätigte.
Für mich ein weiteres Plädoyer für einen festen sozialräumlichen Streetworkeransatz rund um den Wiener Platz, aber auch im Umfeld des Ebertplatzes. Denn das auch rund um den Ebertplatz inzwischen wieder ein erhöhter Handlungsbedarf herrscht, bestätige mir heute auch nochmal via Videokonfernz ein befreundeter Sozialarbeiter, der dort im direktem Umfeld wohnt. Ein EXPRESS Artikel vor einigen Wochen hatte schon darauf aufmerksam gemacht Dies u.A auch auch Gründen wieder stattfindender Drogenkriminalität durch aggressiv auftretende Dealergruppen.
Bis nach der Wahl wird sich da aber nicht viel ändern lassen, denn die üblichen Konzepte der bisherigen Stadtspitze, haben da wie vorher schon vorausgesagt, leider versagt. Da nützt es auch nichts mit Polizeipräsidenten und Innenminister medienwirksam über die Plätze zu schwadronieren und Videokameras als Allheilmittel zu verkaufen. D.H. da vor der Kommunalwahl nochmal intensiv für bessere Konzepte zu werben ist sinnlos, zumal sie dann sowieso nur wieder "völlig verwässert" von den üblichen Verdächtigen nur "okkupiert" und in bestehende Ansätze "transferiert" würden ohne Wirkung am Klientel. Für das StraßenKulturMilieu brauch es da einen ganz anderen Ansatz und speziell darauf geschultes Personal, was nicht einfach zu bekommen ist, wobei auch kein akademischer Abschluss einzig und alleiniges Kriterium im Fachkräftegebot im Teambulding sein kann. D.H. so ein Ansatz müßte ganz anderes angedogt sein als z.B. die städtische Streetworkarbeit auf dem Jugendticket, die einen ganz anderen pädagogischen Handlungsansatz und Klientel hat.
Kommt Zeit kommt neuer RAT,
die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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