Rechtsextreme Veranstaltung von AfD und „Junge Alternative“ beim LVR„Jugendkongress“ von AfD und „Junge Alternative“ im Landschaftsverband Rheinland LVR am 24.06.2022Die AfD und die Junge Alternative rufen für den kommenden Freitag, 24.6. zu einem sogenannten Jugendkongress im Landschaftsverband Rheinland LVR auf und kündigt als Redner:innen einer Podiumsdiskussion bekannte rechte Akteur:innen mit großen personellen Überschneidungen der rechtsextremen Identitären Bewegung an. In lockerer Bieratmosphäre soll dort über die Mitgestaltung und die Durchsetzung rechter Interessen im Verband philosophiert werden. Ein gefährlicher Rechtsruck innerhalb des LVR, vor dem auch führende Professor:innen und Dozierende des Fachbereichs Soziale Arbeit in Köln seit längerem warnen. Der LVR ist als Leistungsträger federführend für die Zuteilung finanzieller Mittel für die meisten freien und öffentlichen Träger sozialer Einrichtungen, sowie für Kultur, Sport, politische Bildung und vieles mehr zuständig. Die Einflussnahme rechter Akteur:innen auf diese hochsensiblen Bereiche kann unmittelbar in Menschenrechtsprofessionen hineinwirken. Dem muss dringend Einhalt geboten werden. Zu dieser Erkenntnis kommt auch eine Studie von Prof. Dr. Birgit Jagusch (TH Köln) und Dr. Christoph Gille aus 2019:
http://www.fgw-nrw.de/forschungsergebnisse/forschungsergebnisse/projektdetails/news/die-neue-rechte-in-der-sozialen-arbeit-in-nrw.htmlWir fordern eine klare Abgrenzung aller bügerlichen, demokratischen Fraktionen im LVR und sehen auch aus antifaschistischer Sicht dringenden Handlungsbedarf.
Köln gegen Rechts betont: Die AfD ist eine rechtsextreme Partei. Jede ihrer Aktivitäten im LVR sind auch vor der Geschichte der Landschaftsversammlung des LVR bzw. ihres Vorgängers, dem Provinziallandtag des Provinzialverbandes der Rheinprovinz zu bewerten. War der Provinziallandtag Ausdruck der Selbstverwaltung, der im Zweckverband zusammengeschlossenen rheinischen Kreise, muss seine Auflösung 1933 als ein Ausdruck der faschistischen Diktatur in Deutschland bewertet werden. Stellte die Weimarer Republik ihren Todfeinden selber die Mittel zur Verfügung, durch die sie vernichtet wurde, so bedeutet Lernen aus der Geschichte, dass sich die Fehler in der Bundesrepublik nicht wiederholen.
Die LVR-Fraktionen wirken an der Willensbildung und Entscheidungsfindung der Landschaftsversammlung mit. Beratungs- und Entscheidungsangelegenheiten der Landschaftsversammlung sollen in der Gesamtfraktion, in den Arbeitskreisen der Fraktionen sowie in den Gruppen vorberaten werden. Hierfür erhalten Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen.
Nun könnte ein Jugendkongress tatsächlich über grundsätzliche Fragen in der Aufgabenzuständigkeit des LVR aus Sicht junger Menschen beraten. Anknüpfungspunkte gäbe es viele: der LVR ist Träger vieler Einrichtungen in der Behinderten-, Kinder- und Jugendhilfe, Träger vieler psychiatrischer Kliniken, einiger Schulen, vieler Museen und Gedenkstätten und ist Amt für Denkmalpflege im Rheinland.
Schaut man sich dann aber die Einladung der AfD an, darf man jedoch zweifeln, dass die Veranstaltung auch nur annährend irgendwas mit den Aufgaben des LVR zu tun haben wird. Kurz umschrieben lautet das Veranstaltungskonzept Podiumsdiskussion mit anschließendem Besäufnis auf Kosten des LVR und damit der Steuerzahlenden.
Das für sich wäre noch nichts ungewöhnliches, wäre da nicht die Auswahl der Podiumsteilnehmer:innen und das mehr als Deutlichmachen der Zusammenarbeit zwischen dem parlamentarischen, dem außerparlamentarischen und dem auch gewaltbereiten Arm des modernen Rechtsextremismus: AfD, IB und JA – in drei Fällen auch noch in Personalunion.
Daher wollen wir als Antifaschist:innen einen genaueren Blick auf die geplante Podiumsbühne werfen:
Erik Ahrens ist Geschäftsführer der Gegenuni , die mutmaßlich ein IB-Projekt ist, unter Beteiligung, zumindest aber offensiver Unterstützung von Martin Sellner (einem der führenden Köpfe der IB aus Österreich) . Was die Gegenuni sein soll, beschreibt Sellner so: „Die Gegenuni soll eine neurechte Bildungsplattform werden, auf der rechte „Dozenten“ gegen Honorare Seminare und Lektürekurse anbieten können. Über ein leitbares Abo werden diese finanziert und so eine Verdienstmöglichkeit für rechte Geistesarbeit geschaffen.“ Der Zweck des Konzepts ist so offensichtlich, dass es selbst dem Verfassungsschutz gelingt, ihn zu erkennen. So wird in der Frankfurter Rundschau das hessische Landesamt für Verfassungsschutz wie folgt zitiert: „Man beobachte die Entwicklung des Internetprojekts sehr sorgsam, teilte das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) auf FR-Anfrage mit. Das rechte Netzportal ziele offenbar darauf ab, „rechtsextremistische Ideologeme der ,Neuen Rechten‘ wie etwa die Forderung nach einem ,Ethnopluralismus‘ zu verbreiten“ und sie dauerhaft im öffentlichen Diskurs zu verankern. Das LfV sehe die Gefahr, dass die „Gegenuni“ zur Professionalisierung der Neuen Rechten und damit auch „zur weiteren Entgrenzung und verstärkten Anschlussfähigkeit des Rechtsextremismus“ beitragen könnte. Außerdem könnte das Projekt durch die Erhebung von Gebühren und die Entlohnung von „Dozierenden“ auch der „Finanzierung von rechtsextremistischen Gruppierungen und Einzelpersonen“ dienen.“
Ahrens studierte sechs Jahre auf Lehramt an der Uni Frankfurt, bevor er zunächst das neurechte „Konflikt Magazin“ und schließlich die Gegenuni gründete. Neben seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Gegenuni, hält er als Dozent auch selbst Vorträge, z.B. über den „Great Reset“
Zacharias Schalley ist Abgeordneter der AfD im Landtag NRW, Mitglied der extrem rechten, fakultativ-schlagenden Verbindung AHB! Rhenania-Salingia, Mitglied im Vorstand der Jungen Alternativen NRW. Gilt als Flügel- und IB-nah. Mitgründer des neurechten, aber mittlerweile inaktiven publicatio e.V. und des in der sogenannten Neuen Rechten gefeierten, aber mittlerweile eingestellten Lifestyle-Magazins Arcadi, eine Art BRAVO für Rechtsextreme.
Auch zu dem IB-Projekt Gegenuni hat Schalley einen Bezug. So sagte er im Wahlkampf zur letzten NRW-Wahl: „Inspiriert durch Matthias Helferich werde ich ebenfalls ein Stipendiaten-Programm ausloben und einigen ausgewählten Mitgliedern der JA jeweils ein Jahr an der Gegenuni bezahlen. Aus der parteipolitischen Praxis merke ich, dass uns ein solider Mittelbau fehlt, der bei einer irgendwann eintretenden Krise die Partei am Laufen halten kann und eine inhaltlich konsistente Linie vertritt. Die Kaderbildung muss nicht nur aufgrund von Patronage-Verhältnissen, sondern auch aufgrund von Qualifikation und Loyalität zur Partei vorangetrieben werden. Dazu zählt nicht nur die weltanschauliche Schulung, sondern auch die Kenntnis der notwendigen Bürokratie.“
Reinhild Boßdorf gehört zum Kader des IB, ist Teil der JA, der Jugendorganisation der AfD. Außerdem ist sie eine der Köpfe von „Lukreta“, der inoffiziellen Nachfolgeorganisation von „120 db“, einem Projekt der IB. „Lukreta“ ist eine Organisation rechtsradikaler Frauen. Wie schon bei „120 Dezibel“ liegt der Schwerpunkt der Agitation von „Lukreta“ auf der rassistischen Instrumentalisierung sexualisierter Gewalt. In diesem Kontext geben deren Aktivist*innen vor, an die Opfer von Femiziden erinnern zu wollen – freilich immer nur dann, wenn nicht-weiße Männer als Tatverdächtige in Betracht kommen. Ferner postulieren sie einen „wahren Feminismus“, vertreten aber ein traditionelles und heteronormatives Frauenbild und sprechen sich gegen Schwangerschaftsabbrüche aus. Aktivistinnen von „Lukreta“ nahmen in Köln an der an der (globalen) Kampagne „One Billion Rising“ teil und versuchten zu diesem Anlass ihre rassistischen Positionen anschlussfähig zu machen. Ebenfalls ließen sich drei Aktivistinnen von Lukreta verschleiert vor der DITIB-Moschee in Köln-Ehrenfeld ablichten, um auf diese Weise gegen die vermeintliche „Unterwerfung des christlichen Abendlandes“ unter den politischen Islam zu protestieren.
Boßdorf zählt auch zu den erfolgreicheren, der sogenannten rechten Influencerinnen , die sich seit einigen Monaten verstärkt auf sozialen Netzwerken wie Instagram ausbreiten. Neben vermeintlich harmlosem Blumenkranz-, Flechtfrisuren-, Sommerkleider-, Hausfrauentipp-Content posten sie Erfahrungsberichte über Belästigungen deutscher Frauen durch Geflüchtete und brauen so ein Gemisch aus Rassismus und tradierten patriarchalen Geschlechterrollen.
Yannick Noe ist ein Leverkusener AfD-Politiker und darf wohl als Vorsitzender der AfD-Fraktion in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbands Rheinland als Ausrichter des sogenannten Jugendkongress angenommen werden. KgR berichtete bereits mehrfach ausführlich über seine Verstrickungen in die rechtsextreme Szene .
Wie sein Kumpel Schalley war er Autor, sogar Chefredakteur des rechten Lifestyle-Magazins Arcadi. Er ist Mitglied der extrem rechten, fakultativ-schlagenden Verbindung AHB! Rhenania-Salingia, Mitglied der Jungen Alternative bzw. AfD NRW und war in der Campus Alternative Düsseldorf aktiv. Auch ist seine Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung und Reconquista Germanica ausführlich dokumentiert. Zur Erinnerung: Noe war Gründungsmitglied des zwischenzeitlich scheinbar nicht mehr aktiven Vereins Publicatio e.V., der vor allem dazu diente, die Identitäre Bewegung in NRW zu unterstützen und weitestgehend aus AfD-Funktionären bestand. Somit konnte der Verein als ein Scharnier der AfD zur Identitären Bewegung gelten.
Alle vier vorgesehenen Podiumsmitglieder haben also einen eindeutigen Bezug zur Identitären Bewegung, alle vier sind bemüht Soziale Netzwerke für Mitgliedergewinnung und die Verbreitung menschenverachtender Ideologie zu nutzen (Zielgruppe junge Menschen), drei von ihnen sind offensichtlich Mitglieder von AfD und JA, zwei von Ihnen Mandatsträger der AfD, die anderen beiden momentan herausragende Köpfe der IB. Wird es bei dem Jugendkongress wohl um Belange des LVR gehen oder nutzen extreme Rechte öffentliche Institutionen einmal mehr für sich und ihre Zwecke aus?
Bereits am 11. Juni nutzten AfD und IB ihre Möglichkeiten in dem anderen Landschaftsverband in NRW, dem LWL, um ein Frauenkongress genanntes Strategie- und Vernetzungstreffen auf Kosten der Öffentlichkeit durchzuführen.
Wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass wir am Freitag mal nach den Rechten sehen sollten!
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