„Das kann und muss man matchen!“
Nur noch dreimal schlafen, und schon geht es um die Wurst: Gewählt wird. Nicht nur unsere Parlamente, den Stadtrat und die Bezirksvertretungen, sondern auch die formalen Chefs vont Janze, Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister.
Hart last minute berichten wir Euch von unseren Treffen im Süden Kölns mit einigen der Kandidat*innen für diesen nicht wirklich bequemen Posten. Und den Eindrücken, die wir dabei persönlich gewonnen haben.
Anfangen tun wir mit Torsten Burmester, der zwar Anfänger ist in der kommunalen Politik und Verwaltung, aber nicht als SPD-Recke – da hat er schon viele Jahre in Ministerien und im Deutschen Olympischen Sportbund hinter sich.

OB Kandidat Torsten Burmester unterwegs im Wahlkampf und zu Besuch In der Hochhaussiedlung Kölnberg in Meschenich Zusammen mit Caritas-Mitarbeitenden, die hier vor Ort arbeiten.
Wahlkampf am Kölnberg
„Typ niedriger Ruhepuls“ – so beschreibt die FAZ den Oberbürgermeister-Kandidaten der Kölner SPD. Torsten Burmester. Seit 40 Jahren Wahlkölner mit Zuhause in Bayenthal, tritt er am Sonntag an, Henriette Rekers Nachfolger zu werden. Wer den Mann kennenlernt, weiß das mit dem Ruhepuls zu schätzen und merkt: Wenn’s drauf ankommt, geht er ins Rennen. Zum Beispiel auf Wahlkampftor am Kölnberg, zu Gast bei der Caritas Meschenich.
Angebote für Menschen in Notlagen
Da können die Menschen „ein bisschen Rambazamba machen“, meint Cristian Roiban, im Caritas-Zentrum Meschenich zuständig für Integration und Migration. Er zeigt uns eine Grünfläche mit Hochbeeten und erläutert, was es allein ausmacht, wenn man sich hier beim Gärtnern einbringen und z.B. Tomaten pflanzen kann. Die Caritas betreibt am Kölnberg auch noch ein Interkulturelles Zentrum und bietet im Stadtteil insgesamt spezielle Beratungs- und Begegnungsangebote für Menschen in sozialen Notlagen an.

Hochhauskomplexe, wie sie in den 70ern als „modern“ galten – oft kumulieren hier heute soziale Probleme (Bild: Elke Tonscheidt)
1973 war das modern
Wir sind im äußersten Süden Kölns. Die Brühler Landstraße trennt das heimelige alte Meschenich, wo an den Holzbalkonen rote Geranien hängen, vom sogenannten „Problemviertel“, der Hochhaussiedlung gleich gegenüber. Kaum zu glauben, aber mit „Kölns attraktivstes Immobilienprojekt“ warb der Hochhauskomplex 1973 so für sich. „Wohnen, wie es moderner nicht sein kann“, mit Schwimmbad, Sauna, Tennis- und Fußballplatz“, hieß es.
Abgestempelt – oder?
Doch schon lange gilt die Adresse Kölnberg als schwierig. Damit werde man abgestempelt, heißt es. Umso nötiger, dass sich Träger wie die Caritas hier engagieren. Und das auch mit Erfolgen – doch was hier gut klappt, interessiere die Medien nicht so dafür, so der Eindruck der Leute hier.
Ich schon. Natürlich gibt Probleme, wenn Menschen aus mehr als 60 Nationen, viele davon in prekärer Lage, auf engem Raum zusammenleben. Irgendwie normal, findet auch Torsten Burmester. Er komme genau deshalb, weil er Veedel besuche, die zu oft von der Stadtpolitik vergessen würden. Die Caritas, die hier vor Ort arbeitet, finde durchaus immer wieder Gehör. Aber hinsichtlich einer nachhaltigen, kontinuierlichen Förderung sozialer Angebote in diesem Viertel sei noch Luft nach oben, höre ich.

Torsten Burmester in der Mitte des Teams vom Caritas Zentrum: Katarina Aleksieva, Sabrina Exler,
Tim Westerholt und Cristian Robin v.l.n.r (Bild: Elke Tonscheidt)
Nach unserem Spaziergang durch den Kölnberg, sagt Torsten Burmester: „Wir baden hier die Sünden der 70er Jahre aus“.
Herr Burmester, zunächst, was verbindet Sie mit dem Kölner Süden?Ich habe lange in der Südstadt, Elsaßstraße gewohnt. Das Gefühl, ganz nah am Mainzer Hof zu sein und jederzeit eintauchen zu können.
Ihr Lieblingsplatz?Auf dem Hügel am Pumpwerk zu sitzen, da kann man abends, wenn es beleuchtet ist, wunderbar reinschauen.
Am Kölnberg sieht es anders aus … was war heute am einprägsamsten?Erstmal ein wichtiger Perspektivwechsel. Er hat gezeigt, wir müssen uns um die Veedel kümmern, die wir jahrelang allein gelassen haben. Wir müssen hier mehr machen, wir brauchen soziale Projekte, wir brauchen Stadtentwicklung, Stadtplanung. Mein politisches Ziel ist es, hier was ändern zu wollen.
Wo setzen Sie Prioritäten?Es gibt Aufgaben in dieser Stadt, die müssen für alle gelöst werden. Und dann gibt es Veedel, die mehr Unterstützung brauchen. Allein für die Kinder und Jugendlichen, die hier am Kölnberg sind.
Konkreter?Mir wurde nochmal deutlich heute: Stattfindende Förderung muss verstetigt werden, es braucht Nachhaltigkeit. Kontinuierliche Arbeit zu leisten, fällt schwer, und da brauchen wir ein Bekenntnis dazu, dass die Grundfürsorge für einen Stadtteil geleistet wird.
Was kann sich der Kölnberg unter einem OB Burmester davon versprechen?Ich will das nicht versprechen, aber für mich gilt: Wo Menschen Schwierigkeiten haben, ihr Leben zu organisieren, genau da müssen wir sozial helfen. Zum Beispiel die Kinderbetreuung, die wir hier gesehen haben: Die ist nötig, damit diese Kinder den Anschluss in der Schule nicht verlieren, weil sie zu Hause nicht unterstützt werden können.
Sie haben eben auf dem Spaziergang gesagt, die Stadt müsse auch symbolisch handeln?Die Stadt muss alle Rechtsmittel ausnutzen, um Praktiken von Investoren und Eigentümern zu entgegnen, die ihre Verantwortung als Vermieter nicht wahrnehmen. Ganz klar. Auch hier gibt es Zustände, die sind aus Sicht der Mieter nicht mehr akzeptabel. Stichwort Schrottimmobilien – wie das geht, haben andere Städte gezeigt. Wir müssen ein politisches Signal senden, dass die Stadt das macht.
Konkret wurde auch ein Expressbus diskutiert …Ja, und ohne Kenntnis im Detail ist klar: Die Anbindung an den ÖPNV ist besonders wichtig für Menschen, die in ein entfernteres Viertel ziehen und Arbeit suchen. Produzierendes Gewerbe, industrielle Arbeit – findet man alles besonders im Norden Kölns.

Torsten Burmester spricht Bewohner des Kölnberg an – und sie gehen mit ihm ins Gespräch. (Bild: Elke Tonscheidt)
Sie sind eben bewusst auf eine Gruppe Männer aus Rumänien und Bulgarien zugegangen. Die freuten sich ganz offensichtlich, den „Bürgermeister vom ganzen Köln“ zu sprechen …… was zeigt, wie wichtig es ist, keine Scheu zu haben mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wenn man auf Menschen zugeht, akzeptieren diese auch Politik und erwarten mit Recht, dass man sich für sie einsetzt. Im konkreten Fall suchten die Männer Arbeit und das kann und muss man matchen!
Warum brennen Sie darauf, Oberbürgermeister von Köln zu werden?Weil es so viele Probleme in dieser Stadt gibt und ich glaube, wenn man sich konzentriert und drei, vier Dinge konsequent und direkt zu Anfang angeht, dann bewegt sich was. Köln kann mehr als das, was wir in den letzten Jahren gesehen haben.
Was können Sie denn anders als Frau Reker machen?Die Verantwortung auch annehmen und wahrnehmen. Ganz einfach.
Manche sagen, es gebe ein Vakuum, fragen sich, warum man nicht durchgreift?Sind wir einer Meinung. Ich betreibe kein Reker-Bashing, aber es gibt drei Aufgaben: 1. Ein OB ist Vorgesetzter von 22.000 Mitarbeitern. 2. Dessen politische Aufgabe ist es, den Rat zu führen und Mehrheiten zu suchen, hochpolitisch. Und 3. muss man erster Repräsentant für Bürger*innen sein, was bedeutet: Auf die Menschen zuzugehen.
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Meine Südstadt.