„So, das entscheide ich jetzt als OB.“
In ein paar Stunden wird gewählt. Nicht nur unsere Parlamente, Stadtrat und Bezirksvertretungen, sondern auch die formalen Chefs vont Janze, Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister.
Hart last minute berichten wir Euch von unseren Treffen im Süden Kölns mit einigen der Kandidat*innen für diesen nicht wirklich bequemen Posten. Und den Eindrücken, die wir ganz persönlich gewonnen haben.
Ein Anfänger ist Kölns Baudezernent-im-unbezahlten-Urlaub nicht. In der Stadtverwaltung und ihren teils verrückt langwierigen Verfahren hat er jahrelang schon mitgemischt (Bild: Judith Levold) Im zweiten Teil dieser Reihe erzählen wir von einem Gespräch mit Markus Greitemann, der kein Anfänger ist und sich damit auf jeden Fall schonmal grundqualifiziert sieht für den OB-Job.
Ich treffe ihn in einer sehr italienischen Café Bar an der Grenze von südlicher Südstadt zu Parkstadt Süd, die gerade in Raderthal und Bayenthal entsteht. Auf der Straße vor dem Café sehen wir im Hintergrund den ersten (GAG) Wohnungsneubau, der gerade so gut wie fertig ist und dessen zügiger Bau mit auf Greitemanns Konto als Baudezernent geht. Könnte der Beginn eines kölschen Manhattan werden, denke ich, zumindest die Mietpreise zeigen, wenn auch auf anderem level, nach oben.
Markus Greitemann, OB-Kandidat für die CDU; im Hintergrund der Wohntower des SechtM (Bild: Judith Levold) „Zielkonflikte halten Verfahren auf“
„Den Wohnungsbau beschleunigen“, antwortet Markus Greitemann, gefragt, was er als OB denn schaffen könne, was nicht schon als Baudezernent drin gewesen wäre. Und: „Bei unauflösbaren Zielkonflikten Entscheidungen herbeiführen.“ Als Baudezernent sei man nur einer von neun Dezernent*innen und habe allein beim Thema Bauen/Wohnen mit vier anderen Beigeordneten und 20 Ämtern zu kooperieren, grundsätzlich konsensorientiert. Aber wenn Zielkonflikte nicht aufzulösen seien, dann könne er als OB Richtlinienkompetenz nutzen und auf Grundlage seiner Schwerpunkte auch mal sagen: „So, das entscheide ich als OB.“ Und das werde er auch tun. „Denn Zielkonflikte halten Verfahren auf.
Standards senken
Und noch mehr habe er vor, den Problem-Komplex Bauen & Wohnen betreffend. Der übrigens laut einer Infratest dimap Befragung im Auftrag des WDR
bei gut 80% der Befragten in Köln und Umland für Unzufriedenheit sorgt.
Eine Leitstelle Wohnen wolle er ins OB-Amt holen und darauf hinwirken, die Standards zu senken. „Denn Bauen ist durch die Zinsen momentan zu teuer, und in Köln speziell. Wir haben uns selbst Regeln gegeben, die Bauen nochmal teurer machen als in anderen Städten.“ So teuer, dass nicht gebaut
werde. Mehr als 10.000 erteilte Baugenehmigungen für Wohneinheiten gebe es, doch sie würden nicht gebaut, „weil das, was man da bauen würde, nicht vermarktbar wäre“, so Greitemann weiter. Mit Standards senken meint er übrigens sogenannte
KfW 40 oder KfW 55-Standards. Sie definieren verschiedene Kriterien, genauer gesagt Vorschriften, im Wohnungsbau. Wieviel Stellplätze man für ein Wohngebäude vorhalten muss, zum Beispiel, welche Kombi- und Spielflächen. Aber auch Umweltstandards.
Prio: Pro Wohnen
Und da möchte er gerne Vorschläge machen, die Ansprüche zu senken an Bauvorhaben. Insgesamt solle seine „Leitstelle Wohnen“ alles daraufhin prüfen, was noch zu optimieren sei „pro Wohnen“.
„Und da muss man gegebenenfalls mal ein Mobilitätsprojekt depriorisieren oder in anderen Ressorts wie dem Umweltbereich Abstriche machen.“ Das stellt er sich so vor, „sollte ich ins Amt kommen“.
Die Plus 1 will Markus Greitemann sein – um entschlossen seine Schwerpunkte voranzutreiben: mehr Wohnraum schaffen, Verwaltungsvorgänge beschleunigen. Das Kölsche an Köln erhalten, also das tolle Miteinander, wie er findet. Zudem plant er, „Dampf zu machen“ in Richtung Land und Bund, was die versprochenen Gelder für Infrastruktur betreffe, und wir bleiben einfach weiter beim riesen Thema Wohnen. Denn es gibt dabei noch andere dicke Bretter zu bohren, Stichwort Leerstand. Dazu müsse das Wohnungsamt stärker vor- und Eigentümer*innen angehen, den Wohnraum „wieder zu füllen“. Dass er nur eine Stimme im Rat hat, ist ihm schon klar, aber da müsse man „Mehrheiten suchen“. Eine zweite Wohnungsbaugesellschaft halte er nicht für nötig, die GAG könnte besser ausgestattet werden und insgesamt solle man aus seiner Sicht wie beim Schulbau verfahren: vieles an Externe ´rausgeben. „Da stelle ich mir insbesondere Genossenschaften und andere gemeinnützige Gesellschaften vor“. Und: „Was wir selbst nicht machen können, müssen wir vermehrt machen lassen“.
Thema Baulücken (-Schließung für Wohnraum): Köln sei hier, findet Markus Greitemann, „weit vorn“. Auch wenn auf der Bonnerstraße auf hundert Metern gleich zwei offene zu sehen sind (Bild: Judith Levold) In Sachen Baulücken sehe er Köln ziemlich weit vorn, man könne natürlich „Überlegen, ob man diese Punkte Leerstand und Baulücken nicht an die Bezirksvertretungen abgibt“, denn „Die kennen sich ja in ihrem Bezirk besser aus als die Zentralverwaltung“. Auch im Schulbau gebe es Erfolge. Den habe man massiv beschleunigt in den letzten Jahren. Bei den Investitionen für Schulbau sind die Gelder dafür von
„80 Mio in 2018 auf im Schnitt 400.000 Euro pro Jahr in den Folgejahren massiv erhöht worden“.
Aber besondere auch durch das
Total- oder Generalunternehmer-Modell, was er sich eben auch für Entwicklungssgebiete wie Kreuzfeld, Deutz oder die Parkstadt Süd wünsche – also jene, in denen der Stadt mehr als 80% der Flächen gehören. Mit Unternehmern, von denen die Stadt allerdings dann irgendwann mieten müsse.
Nicht zufrieden
Eine neue Politik kündigt er auf Wahlplakaten an, sollte er OB werden. Ob er denn mit der Politik der letzten Jahre nicht zufrieden gewesen sei? „Nein, wir haben zu viele Kompromisse gemacht, die im Ergebnis nicht ausreichen, um die Stadt nach vorne zu bringen. Meine Politik soll pragmatisch geprägt sein und nicht durch Parteibücher“.
Als ich, ausnahmsweise mal
überpünktlich, im verabredeten Café erscheine, sitzt Markus Greitemann dort schon. Er hat eine unerwartete Stunde genutzt, um mit seiner persönlichen Referentin Unterlagen und Termine durchzugehen. „Ist doch super, wir hatten mal ein bisschen Ruhe“. Die würde er als OB bestimmt vermissen, denke ich. Am Sonntagabend wissen wir, ob er für die nächsten Jahre Köln zu „regieren“ versuchen oder noch eine Weile weiter Baudezernent bleiben wird.
Eines ist jedenfalls ganz sicher, wenn er OB wird – genau wie alle anderen OB ist er dann automatisch und qua Amt Roter Funk. Ob er darauf Bock hat? Und ob! „Das wäre mir eine Ehre.“
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