Rot oder Grün – wer besticht mehr?
Am Sonntag dürfen wir in Köln, wie die Wähler*innen in vielen Kommunen NRW-weit, nochmal an die Urne: OB Stichwahl.
Ob es Berivan Aymaz von den Grünen oder Torsten Burmester von der SPD wird – Ihr könnt entscheiden.
Um einen Eindruck zu gewinnen, für was die beiden jeweils in bestimmten Köln-Fragen stehen, haben wir sie gefragt.
Zum Beispiel danach, ob sie für oder gegen den umstrittenen Ost-West-Tunnel sind.
Da antwortet Torsten Burmester:„Er ist notwendig, weil er den ÖPNV in Köln zukunftssicher macht. Wir haben enorme Ströme zwischen dem Osten und Westen dieser Stadt, die müssen wir bewältigen. Heumarkt und Neumarkt sind schon ganz verdichtete Verkehrsknotenpunkte, die müssen entwirrt werden. Der Tunnel ist eine Zukunftsaktion. Die Grünen verweisen immer darauf, wie schön es am Ring ist, mit dem „Ring frei“ – das geht nur, weil es da einen Tunnel gibt“.
Seine Mitbewerberin Berîvan Aymaz sieht das völlig anders:Ich finde den Ratsbeschluss für den Tunnel hochproblematisch. Gerade in Zeiten eines sehr knappen Haushalts halte ich es für verantwortungslos, in ein Projekt Milliarden von Euro zu stecken, wo wir wissen, dass es auch oberirdisch viel günstigere Lösungen gäbe. Wir wissen außerdem, wieviel Emissionen alleine der Bau verursachen würde, also auch in Sachen Klimaschutz ist das verantwortungslos. Und: Wir hätten mitten in der Stadt, Neumarkt-Heumarkt, wo vielleicht noch eine andere Stadt darunter liegt, auf Jahre, vermutlich Jahrzehnte eine Baugrube. Das wird zu einer wahnsinnigen Frustration in der Stadt führen und das möchte ich nicht.

Berivan Aymaz im Gespräch am Brüsseler Platz (Bild: Elke Tonscheidt)
Auch zu einem weiteren Kölner Reizthema, um das es schon viel Hickhack und Vor und Zurück-Debatten gab, wollten wir wissen, wie das die beiden OB-Bewerber*innen sehen. Stichwort FC und der Ausbau des Trainingszentrums im Inneren Grüngürtel.Berîvan Aymaz sagt dazu:„Ich bin selbst FC Fan, keine Frage. Aber für mich ist klar: Köln
braucht den Grüngürtel als grüne Lunge der Stadt. Und als Erholungsgebiet für ALLE Menschen, nicht nur für FC-Fans. Der Grüngürtel muss weiterhin geschützt werden, aber es gibt ja einen Beschluss, dass der FC sein Leistungszentrum bauen kann – dafür, dass es da schnell verfügbare Satellitenflächen gibt, dafür werde ich mich einsetzen“.
Auch hier hat Torsten Burmester eine andere Sichtweise, er meint:„Es geht um das Nachwuchsleistungszentrum, das von der Liga vorgegeben ist. Ich bin dafür, dass der Ausbau am angestammten Platz stattfinden kann, weil der FC gesagt hat, dass diese Kunstrasenplätze dann auch dem Breitensport zur Verfügung stehen. Der politische Kompromiss ist nicht umgesetzt, von den Grünen boykottiert worden. Ich finde, dass Klimaschutz und Sport keine Gegensätze sind. Wenn es uns gelingt, ein ökologisches Vorzeigeprojekt dort zu machen, wäre das im Sinne des Sports und Klimaschutzes“.

Torsten Burmester im Gespräch beim Längsten Desch auf der Severinstraße (Bild: privat)
In Sachen ÖPNV, Mobilitätswende, Kapazitätserweiterung haben wir beide danach gefragt, wie sie das Thema Seilbahn, Stichwort „Rheinpendel“ beurteilen.Torsten Burmester dazu: „Alles, was den ÖPNV entlastet, ob es Fähren sind oder Seilbahnen, hilft. Sie müssen gemeinsam, also unter dem Dach der KVB betrieben werden, damit sie in einem System arbeiten. Aber lassen Sie uns jetzt Großprojekte nach und nach angehen, jetzt gilt es erstmal den ÖPNV, die KVB nach vorne zu bringen und dort Investitionen zu ermöglichen“.
Auch Berivan Aymaz zeigt sich dafür offen, würde aber andere Maßnahmen priorisieren:„Mir ist wichtig, dass die Leute gut mit Bus&Bahn vorankommen, dass alle Viertel miteinander verbunden sind. Das ist bislang noch nicht so und da würde ich mich sehr schnell mit dem Vorstand der KVB zusammensetzen und nach Lösungen suchen. Also in erster Linie mal für Bus&Bahn“
Da der Themenkomplex Wohnen, also bezahlbar Wohnen und Wohnraummangel, bei vielen Wähler*innen eine große Rolle spielt, haben wir die beiden OB Kandidat*innen zum Thema Erbpacht befragt, ein Konzept, dass die Stadt jetzt zunehmend, wenn auch schleppend erst, umzusetzen beginnt. Mehr davon will Berivan Aymaz dringend:„Ich sehe den Mangel an bezahlbarem Wohnraum als die zentrale Krise in der Stadt. Und ich will, dass wir die Grundstücke in städtischem Eigentum, also die wir selbst haben, konsequent an Genossenschaften oder grundsätzlich gemeinwohlorientierte Bauvorhaben geben, in Erbpachtmodellen“.
Torsten Burmester sieht das ähnlich: „Ist vom Rat beschlossen, das ist das Erste. Zweitens, ich stehe komplett dahinter, weil es Bodenspekulationen verhindert. Wir verhindern so, dass städtische Grundstücke verkauft werden und dann von Eigentümern weiter und weiter verkauft werden. Das führt zu solchen Situationen, wie wir sie im Mülheimer Süden haben – bis zur Blockade von ganzen Projekten. Deswegen: Wir brauchen eine am Allgemeinwohl orientierte Wohnungsbaupolitik, städtische Grundstücke nur in Erbpacht vergeben, eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft aufbauen und mit Genossenschaften zusammenarbeiten und Finanzierungsinstrumente für das Thema Erbbaurecht finden. Das muss jetzt geschehen! Dann bin ich guten Mutes, dass auch die Banken, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken dafür Finanzierungsmodelle finden“.
Da sind sich die beiden, obwohl aus unterschiedlichen Parteien, offenbar weitgehend einig. Eine Mehrheit dafür im Kölner Rat hätten sie jedenfalls zusammen mit den Linken sicher, egal wer von Ihnen das Amt des/der Oberbürgermeisters/Oberbürgermeisterin am Sonntag gewinnen wird.
Verschiedene Ideen haben Aymaz und Burmester allerdings, wenn es darum geht, was sie als Erstes in Sachen Klimaschutz angehen würden.Torsten Burmester ist vor allem wichtig, dass die Stadt selbst mit gutem Beispiel vorangeht:Ich möchte die eigene Stadtverwaltung, die eigenen Unternehmen fit für 2035 machen, was Klimaneutralität betrifft. Dazu haben wir uns auch selbst verpflichtet und da ist zu wenig passiert, wenn man sich die ganzen städtischen Gebäude anschaut. Klimaschutz ist eine grundsätzliche Aufgabe, die jede Politik zu erfüllen hat, ist also nicht nur ein grünes Thema. […] Es ist wichtig bei diesem ambitionierten Ziel zu bleiben. Klimaschutz kann aber nur gelingen, wenn er sozial akzeptiert ist, und zwar gerecht. Das vergessen die Grünen häufig. Wir müssen auf gesellschaftliche Akzeptanz setzen, sonst kann man Klimaschutz nicht erreichen. Übrigens: Wenn man sich die UN-Klimaschutzziele anschaut, dann sind die überwiegende Anzahl der Ziele soziale Ziele. Da geht es auch um Wirtschaftswachstum, weil das Arbeitsplätze bringt.
Und Berivan Aymaz will auf schon gute Entwicklungen aufbauen:„Ich will da auf die Stärken setzen, die wir haben. Köln ist NRW weit Spitzenreiter, was die Solarenergie betrifft, das will ich weiter intensiv nach vorne bringen. Dass dafür gute Rahmenbedingungen geschaffen werden, wenn Leute Solarenergie auf Balkonen und Dächern umsetzen wollen. Also Photovoltaikanlagen auf alle Dächer, das möchte ich ausbauen. Und Klimaschutz heißt vor allem, mehr Grün in die Stadt. Wir sind zu 50% versiegelt, wir müssen mehr Flächen entsiegeln für Grün“.
Mit beiden haben wir am Rande ihrer Wahlkampfbesuche in der Südstadt und im Belgischen Viertel gesprochen und ihre Antworten als Audio aufgenommen. Für die Schriftform haben wir sie zur besseren Lesbarkeit leicht eingekürzt.
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Meine Südstadt.