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Träum‘ weiter (V) – Die unsichtbare HandDer Egoismus zum Wohle aller
[dies ist eine Fortsetzung des Artikels „Träum weiter (IV) – Wir Egoisten“]
Adam Smith, der bekannte schottische Philosoph aus dem 18. Jahrhundert, meinte die Lösung für den Widerspruch zwischen Egoismus und Kooperation gefunden zu haben, und zwar ohne moralische Appelle oder einen strafenden Gott – zumindest was die Wirtschaft angeht: die unsichtbare Hand des freien Marktes.
Die unsichtbare Hand
Der Gedanke ist einfach: die Unternehmer stehen in Konkurrenz zueinander. Jeder handelt egoistisch, d.h. will möglichst viel Gewinn. Dafür müssen sie die Produkte anbieten, die von den Konsumenten gewünscht werden, zu einem Preis, zu dem sie gekauft werden. Qualität und Preis müssen für die Konsumenten stimmen. Der Wettbewerb zwischen den Unternehmern führt zu einer bestmöglichen Versorgung. Auch die Konsumenten handeln egoistisch. Jeder versucht das meiste für sein Geld zu bekommen. Durch die unsichtbare Hand kommt es dazu, dass durch egoistisches Handeln der allgemeine Wohlstand steigt, ohne dass es die/der Einzelne beabsichtigt. Man kennt dies unter dem Begriff „freier Markt“. (Das Adjektiv „frei“ ist ein wenig irreführend, da der freie Markt viele Zwänge erzeugen kann.)
Das Neue für die Zeit ist die Erkenntnis, dass es einen gesellschaftlichen Mechanismus gibt, der – wie im Fall des „freien“ Markts – den Egoismus und die Handlungsenergie, die er freisetzen kann, steuert bzw. kanalisiert, ohne dass man an den Gemeinschaftssinn appellieren muss oder ein Einzelner oder eine Gruppe es steuern müsste. Eine unsichtbare Hand eben.
Ein sinnvolles Werkzeug?
Der „freie“ Markt ist, moralfrei betrachtet, ein Werkzeug zur Koordination von Handlungen. Man könnte auch von sozialer Technik sprechen. Eine Technik setzt sich durch, wenn sie ein Problem effektiver bzw. effizienter löst als anderes. In dieser Hinsicht ist der „freie“ Markt höchst effizient. Millionen von Akteuren orientieren sich an dem Preis für ein Gut, der sich wiederum aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bildet. Das nennt sich Preismechanismus. Es müssen keine Bedarfe mühsam ermittelt werden, auch nicht, wer was produzieren soll und bekommt. Das regelt der Preismechanismus, also die unsichtbare Hand ganz automatisch und schnell.
Dass dieser Mechanismus zu höchst ungerechten Verhältnissen führen kann, hat die Ausbeutung und Verelendung der Industriearbeiter im 18. Und 19 Jahrhundert gezeigt. Und zeigt sich aktuell in den sogenannten Niedriglohnländern und prekären Beschäftgungsverhältnissen. Die unsichtbare Hand kann zur unsichtbaren Faust werden, die, nicht nur für Einzelne, fürchterlich sein kann. Von daher ist es eine Frage der Abwägung: wann und wo lässt man den „freien Markt“ in welchem Ausmaß zu und wann nicht.
Das hat auch Adam Smith gesehen. Seiner Meinung nach sollte der Staat die Armut auf ein erträgliches Maß reduzieren und für allgemeine Bildung sorgen. Auch, dass sich Machtkonzentrationen, z.B. durch Monopolbildung oder große Konzerne, ergeben können, was der Staat auch verhindern solle. D.h. werden einzelne Egoisten zu mächtig, kann auch der „freie“ Markt nicht helfen.
Der „freie“ Markt ist also kein Selbstzweck, sondern ein mächtiges Werkzeug, das mit Vorsicht zu gebrauchen ist. Ähnlich einem scharfen Messer, dass ich effizient zum Kochen, aber auch zum Schaden anderer einsetzen kann. Bei dem CO2-Zertifikatshandel versucht man dieses Werkzeug für den Klimaschutz zu nutzen. Voraussetzung dafür, dass es funktioniert, ist die hinreichende Begrenzung und stetige Reduzierung des Angebots an Verschmutzungsrechten, so dass das Recht CO2 auszustoßen immer teurer wird und klimafreundliches Handeln billiger.
U-P4F-K
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Träum‘ weiter (V) – Die unsichtbare Hand erschien zuerst auf
Kölle for Future.