Et aussi, at-il revé, on était dans le cratère du futur, dans une caldeira bouillonnante où tout pourrait arriver, les mélanges des races, des mythes, des intérêts.
Le Clézio, Révolutions, p. 470Woher komme ich, wohin gehe ich, woher kommst du, wohin gehst du, woher kommen wir, wohin gehen wir?
Die ältesten Funde von Musikintstrumenten sind Knochenflöten. Sie stammen ungefähr aus den Jahren 41'000 v. Chr. (in den südostlichen Voralpen im heutigen Slowenien
20) und 38'000 v. Chr. (in der schwäbischen Alb
21,22). Die älteste komplett erhaltene Knochenflöte, die spielbar ist, wurde zusammen mit weiteren dreissig gleich gebauten Flöten (meist mit sieben Grifflöchern) in Jiǎhú 賈湖, China, gefunden. Dieser Fund datiert auf die Jahre um 5'700 v. Chr
19. Die spielbare Flöte weist folgende Intervalle auf (in Cent): 「●●●●●●●」264 「●●●●●●○」167「●●●●●○○」149「●●●●○○○」192「●●●○○○○」200「●●○○○○○」144「●○○○○○○」298「○○○○○○○」
23. Zwischen「●●●●●●●」und「●○○○○○○」ergibt das fast eine Oktave (die Abweichung beträgt 16 Cent), gleichfalls zwischen「●●●●●●○」und「○○○○○○○」(mit einer Abweichung von 50 Cent). Zwischen「●●●●●●○」und「●●○○○○○」liegt ein Verhältnis 3:2 vor (Abweichung 8 Cent), zwischen「●●●●●●○」und「●●●○○○○」ein Verhältnis 4:3 (Abweichung 10 Cent) und zwischen「●●●●●●○」und「●●●●○○○」ein Verhältnis 6:5 (Abweichung 0 Cent). Solche Knochenflöten werden auf Chinesisch
gǔ-dí 骨笛 (wörtlich "Knochen-Flöte") genannt und z. T. immer noch gespielt.
Die ältesten Trommeln der Welt wurden ebenfalls in China gefunden. Sie datieren auf rund 5500 v. Chr.
10 Die ältesten komplexen Musikinstrumente sind Bogenharfen. Funde aus dem westlichen Iran datieren auf 3300–3100 v. Chr., solche aus Mesopotamien auf 3000 v. Chr. Auf die Harfen folgten große Leiern mit einem Stierkopf, die ihre Blütezeit um 2450 v. Chr. vor allem in Mesopotamien hatten. Nicht nur die Instrumente breiteten sich von Mesopotamien kommend in die umliegenden Gebiete aus, sondern auch die starke Assoziation zwischen Tieren und Musik, da einige Spieler als Tiere verkleidet waren. Die Verbreitung der Leier belegt die Dominanz der mesopotamischen Musikkultur in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr.
1 In China wurde um 2700 v. Chr. begonnen, Seidenraupen zur Herstellung von Seide zu züchten. Seide galt als äußerst hochwertiges Produkt und war ausschließlich dem chinesischen Kaiserhof für die Herstellung von Tüchern, Vorhängen, Bannern und anderen Prestigeobjekten vorbehalten. Die Herstellungstechnik war in China in den darauffolgenden rund 3000 Jahren ein streng gehütetes Geheimnis, und kaiserliche Dekrete verurteilten jeden zum Tode, der einem Aussenstehenden den Herstellungsprozess verriet.
2 Seide wird für die interkulturellen Beziehungen und Handelsströme, aber auch für den Bau der Saiteninstrumente eine wichtige Rolle spielen.
Aus dem dritten Jahrtausend v. Chr. sind viele sumerische und akkadische Keilschrifttafeln überliefert, die Informationen zu allen Aspekten der Musik enthalten. Diese Texte beschreiben u.a. Musikinstrumente, Tonsysteme und Stimmungen.
28Dass sich die erste schriftliche Erwähnung einer Flöte überhaupt (in einem sumerisch Text, aus dem südlichen Mesopothamischen Tal im heutigen Irak, aus den Jahren 2600–2500 v. Chr. stammend) gleich wie im Chinesischen
gu-di liest, ist überraschend. Die sumerische Schrift war die erste Schrift überhaupt und zu diesem Zeitpunkt schon eine Silbenschrift. Und sie war nicht mehr in Verwendung, als die chinesische Schrift entstand. Gibt es trotzdem einen möglichen Zusammenhang zwischen sumerischer und chinesischer Kultur? Es gibt eine Publikation von Charles James Ball et al. aus dem Jahr 1913, die linguistische und grammatologische Evidenzen für eine Verbindung vorbringt.
24 Kurioserweise sind mir bisher weder Publikationen begegnet, die diese widerlegen würden noch solche, die die Forschung weitergebracht hätten.
Die Bogenharfen breiteten sich im 2. Jahrtausend v. Chr. weiter in Ägypten und Indien aus, während sie im Iran verschwanden und durch Winkelharfen und einen gänzlich neuen Instrumententyp, die Lauten, ersetzt wurden. Lauten nutzen ein anderes akustisches Prinzip als Harfen und Leiern. Bei den letztgenannten Instrumenten erzeugt eine Saite eine Tonhöhe, so dass viele Saiten für eine Reihe von Tonhöhen benötigt werden. Bei einer Laute hingegen werden dank der Erfindung des Griffbretts am Instrumentenhals mehrere Tonhöhen auf derselben Saite erzeugt, so dass weniger Saiten benötigt werden. Dieser ökonomische Vorteil verhalf der Laute schnell zu ihrer Dominanz.
Die ersten Lauten tauchten 2300 v. Chr., ein Jahrtausend nach den ersten Harfen, in Mesopotamien auf. Ein weiteres Jahrtausend später waren die Lauten die dominierenden Saiteninstrumente im Reich Elam (westlicher Iran) geworden. Auf Terrakotten aus Susa, der Hauptstadt von Elam, sind Figurinen dargestellt, die Laute spielen. Diese sind mehrheitlich nackte Frauen und groteske Männer und scheinen die Volkskunst zu repräsentieren.
Im antiken Ägypten tauchten die Lauten im 18. Jahrhundert v. Chr. auf. In den ersten zwei Jahrtausenden ihrer Existenz waren alle Lauten langhalsig, manche besaßen (verschiebbare) Bünde. Die älteste Form der langhalsigen Lauten ist die sogenannte Spießlaute, bei der der Stiel diametral durch den Resonanzkörper hindurchgesteckt ist. Archäologische Evidenzen für die Verbreitung von Spießlauten zu dieser Zeit finden sich ausser in Mesopotamien auch in Ägypten.
1Die Lauten waren für die musikalische Entwicklung von zentraler Bedeutung, da sie leicht und handlich waren und sich somit schnell ausbreiten konnten. Der bundlose Hals oder auch die verschiebbaren Bünde mögen die Freude am Ausprobieren von Neuem verstärkt haben, wenn sich z. B. zwei Lautenspieler mit einem anderen Tonsystem-Background begegneten – ein möglicher Vorteil gegenüber beispielsweise Flöten mit ihren fixen Löchern.
Im nordöstlichen Randgebiet Irans waren um 2200–1750 v. Chr. auch kleine Trompeten aus Silber, Gold oder Kupfer in Gebrauch, mit denen Tierrufe, insbesondere das Röhren des Hirsches, gut nachgemacht werden können. Diese Trompeten breiteten sich später Richtung Süden in iranisches Kerngebiet aus. Das Wissen um sie blieb teilweise im Zoroastrismus erhalten.
1Die Erlitou-Kultur in China entwickelte um 2000 v. Chr.
biānzhōng 編鐘 (Sätze mit gestimmten Bronzeglocken) und
bianqing 编磬 (Klangsteinspiele).
9, 19 Bronze korrodiert und eignet es sich deshalb nicht für Frequenzmessungen. Bei Stein ist das nicht der Fall. Die ausgegrabenen Steine der
bianqing weisen nicht nur äusserst präzise Frequenzverhältnisse (8/9, 3/4) zueinander auf, sie sind auch mit einer Inschrift versehen, die die Ton-Namen repräsentieren.
19Das Wort
gu 鼓 für Trommel findet sich auf Orakelknochen aus der Shang-Zeit (1600 bis 1046 v. Chr.) eingraviert, die von den Herrschern für rituelle Weissagungen und Opfer verwendet wurden, um die Gnade ihrer Ahnen zu erlangen.
25 Ebenfalls erwähnt wird dort die
qin-Zither.
26Die frühesten erhaltenen schriftlichen Abhandlungen aus China über Musik stammen aus der nächsten chinesischen Dynastie, der Zhou-Dynastie (1046-256 v. Chr.), nämlich in den Fünf Klassikern (
Wujing) dieser Zeit. Sie klären über den Einsatz von Musik, insbesondere bei höfischen Aktivitäten, auf, und erwähnen Gesänge von Bauerngruppen. Das
Shijing ("Klassiker der Poesie") besteht aus 305 Liedern, die aus dem 10. bis 7. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. Ihre große Themenvielfalt (Liebe, Rituale, politische Satire usw.) spiegelt eine lebendige vokale Musiktradition wider. Die Lieder enthalten auch Hinweise auf weniger dauerhafte musikalische Relikte wie Flöten, die
Sheng und zwei Arten von Zithern (
Qin und
Se). Die Schriften enthalten keine einzige Musik-Notation. Stattdessen finden sich viele musiktheoretische und Ästhetik-Abhandlungen.
25Die Musik ist die Harmonie von Himmel und Erde, während die Riten das Maß von Himmel und Erde sind. Durch die Harmonie werden alle Dinge bekannt gemacht, durch das Maß werden alle Dinge richtig eingeordnet. Die Musik kommt vom Himmel, die Riten sind von irdischen Entwürfen geprägt.
In den chinesichen Schriften wird ein 12-Ton-System im Zusammenhang mit dem Blasen von Bambuspfeifen (lü) beschrieben, das nur mit einer Abfolge von reinen Frequenzverhältnissen 4/3 und 2/3 konstruiert wird.
11, 19, 25 Im 1. Jahrtausend v. Chr. sind nur wenige Lauten auf Artefakten der damaligen Eliten aus dem Elam, Assyrien (nördlich an Elam angrenzend) und Parthien (Nordost-Iran) dargestellt. Trotzdem blieben sie wahrscheinlich Volksinstrumente und wanderten vom Iran ins westliche Zentralasien. Während des ersten Jahrtausends v. Chr. breiteten sich die Lauten wahrscheinlich von diesem riesigen zentralasiatischen Becken nach Ost- und Südasien aus.
Erstmals im 8. Jahrhundert v. Chr. ist im Iran auf elamitischen Tonfiguren in Umrissen ein neuer birnenförmiger Lautentyp mit kurzem Hals zu sehen. Er bildete die Urform für den
barbaṭ und die Gruppe der davon abgeleiteten Lauten.
14 Im 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. formierte sich im Iran dann ein erstes Grossreich: Das Achämenidenreich, auch altpersisches Reich genannt. Besucher dieses Reichs fanden am Königshof Chöre vor – bestehend aus mehreren hundert Frauen. Aus demselben Reich gelangten mit Reitern, die die Eurasischen Steppen durchquerten, zum ersten Mal persische Saiteninstrumente – Zithern und horizontale Winkelharfen – nach China.
Die diplomatischen chinesisch-iranischen Beziehungen und damit einhergehend kultureller Austausch zwischen diesen beiden Grossregionen wurden intensiviert. Das veranschaulicht die im Jahr 126 v. Chr. vom Han-Beamten Zhang Qian unternommene Reise nach Baktrien und Sogdien. Der Zweck von Qians Reise war es, Verbündete gegen feindliche Nomaden zu suchen. Sogdien und Baktrien waren iranische Zivilisationen, die um Samarkand und das heutige Afghanistan herum angesiedelt waren. Qians Reise brachte China auch Kenntnisse über eine weitere iranische Zivilisation, die er nicht direkt besuchte: Das Partherreich, das das Gebiet von Mesopotamien bis an den Indus umfasste.
3 In der Kultur der Parther, die viele iranische mit griechisch-hellenistischen Traditionen verband, spielten
gōsān eine wichtige Rolle. Das sind Dichter und Spielleute, die die Taten der Götter und der adligen Menschen besangen. Mit dem hellenistisch-römisch-ägyptischen Mittelmeerraum teilten die Parther folgende Instrumente: Einfach- und Doppel-Rohrblattpfeifen, Hirtenflöten (
syrinx) und Lauten. Dazu kamen Tambourinen, Harfen, Leiern und Trompeten. Auf Darstellungen sind die MusikerInnen zusammen mit TänzerInnen und AkrobatInnen abgebildet, wie sie Dyonisos, der Sonne, dem Mond oder der Göttin Atargatis huldigen. Die grossen Pauken, die die Parther vor militärischen Schlachten schlugen, flössten den Römern Furcht ein.
1 Qian überzeugte bei seiner Rückkehr den Han-Kaiser vom Wert verstärkter Kontakte mit diesen hochentwickelten urbanen iranischen Zivilisationen. Dies trug zur Förderung des frühen Handels auf der Seidenstraße bei. Als China nach Zentralasien expandierte und im 1. Jahrhundert v. Chr. die Xiongnu als regionale Hegemonen ablöste, unterhielt es enge Beziehungen zu den iranischen Staaten des Tarimbeckens, insbesondere zu Khotan, Kashgar und Yarkand.
3 Vom Tarimbecken stammende viersaitige Spießlauten breiteten sich in China aus. Diese historischen Instrumente werden heute
qinhanzi oder
qin pipa genannt. Zu dieser Zeit (im 1. Jahrhundert v. Chr.) gelangte dank der iranischen Händler die chinesische Seide ins Römische Reich, wo diese bald als exotischer Luxus galt und sehr beliebt wurde.
2 Auch zu dieser Zeit besuchten sogdische Händler die koreanische Halbinsel.
5In den nächsten Jahrhunderten wurden die diplomatischen Kontakte zwischen den beiden Hegemonien Iran und China fortgesetzt. Die Sassaniden, die im Iran nach den Parthern an die Macht kamen, sandten im fünften Jahrhundert n. Chr. Dutzende von Botschaftern nach China, wo nun die Tang regierten.
3 Unter den sassanidischen Instrumenten findet sich die Rohrblattpfeife
sornā. Das Instrument gelangte nach China und dann während der Goryeo-Dynastie im 10. bis 14. Jahrhundert nach Korea.
Die sornā ist vom Balkan (zurna/зурла zurla) einerseits und vom Niger (algaita) andererseits über die Türkei und den Iran bis nach Okinawa ( 哨吶 / ツォナ)und Japan (哨吶 / ツォナ / チャルメラ) verbreitet. In Korea wird sie
taepyeongso genannt und im
pungmul verwendet.
Die chinesische
sheng hatte eine kurze Blütezeit in Sassanidien. Sie gelangte über die Seidenstrasse in den Iran. Weitere in Sassanidien verwendete Instrumente waren die horizontalen und vertikalen Winkelharfen, die Kurzhals-Laute
barbaṭ, die Pauke, eine kleine Trommel
ṭās, die Rahmentrommel und die aus Zentralasien stammende sanduhrförmige Trommel
kûba. Ausserdem waren Zimbeln, Schlaghölzer und Kastagnetten im Gebrauch.
Die Sassaniden praktizierten den Zoroastrismus, bei dem
gothas gesungen werden – Hymnen, die z. T. bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen. So wurde beispielsweise bei Opferritualen gesungen. Das zoroastrische Paradies ist ein Ort, an dem Musik andauernde Freude auslöst. Ähnliche Ideen flossen in den Mahāyāna-Buddhismus ein. Am Königshof Sassanidiens wurde Musik hoch geschätzt. Der Gründer der sassanidischen Dynastie versammelte Sänger, Spielleute und Musiker zu einer höfischen Klasse. Zwei Jahrhunderte später erhob der damalige König diese Klasse zum höchsten Rank und rekrutierte weitere 12'000 Sänger aus Indien. Einer der höfischen Sänger und
barbaṭ-Spieler war Bārbad, von dem ein Gedicht in Turfan in China gefunden wurde.
1Die Beziehungen zwischen Sassanianern und Tang waren sehr eng, insbesondere nach der muslimischen Eroberung Persiens. Schon sogdische und danach auch sassanische Händler und Tänzer liessen sich in den chinesischen Großstädten nieder, insbesondere in Chang'an, der Tang-Hauptstadt. Persische Musik, Kunst- und Weinhandel waren dort beliebte Zeitvertreibe. Laut dem Alten Buch der Tang 舊唐書 "war das Essen der Aristokraten hu (胡 sogdisch), ihre Musik hu-Musik, und ihre Frauen waren in den exotischsten hu-Gewändern gekleidet...". Durch diese Verbindungen gelangten viele Wörter, Gegenstände, Gemüse und Früchte persischen Ursprungs nach China und somit auch nach Korea, dessen Shilla-Reich intensiven kulturellen Austausch mit Tang-China pflegte. Chinesischen Schriften zählen sogdische Instrumente – die Laute, Winkelharfen, Flöten und die sanduhrförmige Trommel
kûba – auf und beschreiben die sogdische Tänze als solche, die sich durch angewinkelte Beine auszeichnen. Ein sogdisches Ensemble bestand aus sieben oder acht Instrumenten, davon Trommeln mit zwei unterschiedlichen Grössen
1, 3, 5, 6Die erste Kurzhals-Laute, die China erreichte (um ca. 265-419 n. Chr.), war die sogenannte
yueqin, die einen runden Resonanzkörper aufweist. Früheste archäologischen Nachweise von birnenförmigen Kurzhals-Lauten des Typs
barbaṭ in China (
quxiang pipa) datieren auf das 4. Jahrhundert n. Chr., jene in Japan auf 623 n. Chr. Die koreanische Variante wird heute
bipa genannt, die japanische
biwa und die vietnamesische
tyba.
7Die sanduhrförmigen Trommeln stammen aus dem zentralasiatischen Gebiet Khotan, wo sie schon im 2. Jahrhundert abgebildet wurden. Sie waren immer aus Holz und wurden mit Stöcken geschlagen. Sie wurden bis ins 7. Jahrhundert in Baktrien und Tokharistan häufig dargestellt, scheinen nach dem 14. Jahrhundert aber aus diesen Regionen verschwunden zu sein. Sie hatten im iranischen Kulturraum die Bezeichnungen
kûba,
kûma und
fenjân.
18 Sie existieren heute noch in Kerala (Südindien) unter dem Namen
idakka und in Korea unter dem Namen
janggu. Nach Korea gelangten sie wahrscheinlich über China, wo sie inzwischen
yaogu,
hugu oder
xiyugu genannt werden und ihre ursprüngliche Sanduhr- durch eine längliche Fassform abgelöst wurde. Auch die
janggu wird im
pungmul verwendet, wie die
taepyeongso.
Eine weitere Erfindung aus China ist das Papier. Obwohl Papier wahrscheinlich schon viel früher hergestellt wurde, und zwar oft aus Abfällen oder Resten, stammt die erste dokumentierte Papierherstellung aus der östlichen Han-Periode (25 bis 220 n. Chr.), wo Papier aus Maulbeer-, Bambus- oder Rattanfasern hergestellt wurde. In dieser Zeit wurde auch veredeltes Hanfpapier verwendet, in der Regel für religiöse Texte, während Papier aus Maulbeerbaum am häufigsten für offizielle Dokumente und Briefe verwendet wurde.
Das Papier wurde erstmals von buddhistischen Mönchen in andere Regionen gebracht, die es zur Aufzeichnung von Sutren und anderen Schriften verwendeten. Sie brachten das Papier nach Japan und auf die koreanische Halbinsel sowie in Teile Zentralasiens und des indischen Subkontinents. Die Technologie der Papierherstellung erreichte den indischen Subkontinent Mitte des 6. Jahrhunderts n. Chr., und es entstanden schnell lokale Zentren der Papierherstellung. Religiöse Praktiken spielten eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Papier, da es effizienter und leichter zu transportieren war als Pergament aus Tierhaut und haltbarer als Papyrus. Buddhistische, taoistische und konfuzianische Texte wurden in dieser Zeit auf Papier gedruckt.
Papier war auch eine äußerst wertvolle Ressource für Kaufleute und Händler, die dieses leichte und tragbare Material als Mittel zur Aufzeichnung ihrer Geschäfte nutzten. Die islamische Welt begegnete dem Papier zum ersten Mal im späten 7. oder frühen 8. Jahrhundert n. Chr. und nutzte seither die Technologie der Papierherstellung für administrative, literarische und wissenschaftliche Zwecke. Im Jahr 762 n. Chr., als die abbasidische Hauptstadt von Damaskus nach Bagdad verlegt wurde, führten die bürokratischen Anforderungen dieser und anderer abbasidischer Städte zur Einführung und schnellen Verbreitung der Papierherstellung in der gesamten islamischen Welt. Die Papierherstellung in Bagdad begann im späten 8. Jahrhundert n. Chr., und die Stadt wurde für ihre Papierproduktion berühmt, mit einem eigenen stationären Markt und einer Straße, die Berichten zufolge von bis zu 100 verschiedenen Papierläden und Buchhändlern gesäumt war. Die Papierherstellung ermöglichte einen Aufschwung der literarischen Kreativität und der schriftlichen Kultur, zu der auch Werke über Geografie, Astronomie, Medizin und Mathematik gehörten, und führte zu einem Anstieg der Volksliteratur, die kostengünstig kopiert wurde und für die breite Öffentlichkeit leichter zugänglich war. Die Papierherstellung wurde durch die abbasidische Zivilisation in Teilen Nordafrikas und auf der iberischen Halbinsel eingeführt und erreichte später auch andere Regionen Europas.
4Schon während der Zeit der Umayyaden assimilierten die Muslime zahlreiche Kulturen und Traditionen, vor allem Sprache, Kleidung, Essen und Musik der Sassaniden, Byzantiner und Araber, und entwickelten einen grossen Enthusiasmus auf dem Gebiet der Künste und Wissenschaften. Dies wurde von den Abbasiden noch weitergeführt. Die abbasidischen Kalifen luden Musiker aus ganz West- und Zentralasien ein, in der Hauptstadt Bagdad aufzutreten. Diese wurden dann dort von den Kalifen gefördert und erhielten den Status
al-mughanni. Andere Höfe muslimischer Dynastien übernahmen diese Praxis.
Ein
al-mughanni musste nicht nur gut singen können und eine schöne Stimme haben, er musste auch ein angenehmer Gesellschafter sein und vorzugsweise einen unterhaltsamen Charakter haben. Sein Wissen auf dem Gebiet der Musik musste bis hin zu den technischen Einzelheiten der Modi und Rhythmen reichen, wenn er zu den Prominenten zählen wollte. Es gab ausgefeilte und auch komplizierte Details in der Musik, die er beherrschen musste. Beliebt waren diejenigen, die das Talent besaßen, zu improvisieren, auf festgelegten Regeln aufzubauen und die ekstatische Stimmung (
tarab) des Publikums zu steigern. Es liegt auf der Hand, dass die Ausbildung von
al-mughanni sehr anspruchsvoll war.
Eine Tradition, die die Muslime von den Sassaniden übernahmen, sind musikalische Versammlungen (
majalis), in denen Menschen zusammenkamen, um musikalischen Darbietungen, Wettbewerben und auch Diskussionen und Debatten über die Geschichte, Theorie, Kritik und Ästhetik der Musik zuzuhören.
16Ein relativ häufiges Thema (neben Algebra, Optik, Medizin, Chemie und Astronomie), womit sich die Philosophen und Mathematiker in Abbasidien auseinandersetzten, waren die Klänge respektive die Tonhöhen, die mit Lauten gespielt werden. Ab dem 7. Jahrhundert n. Chr. standen persischen und arabischen Gelehrten Übersetzungen von griechischen Manuskripten zur Verfügung, was die Schaffung der musikalischen Studien als Teil der mathematischen Künste auslöste, wobei einige Gelehrte neben der pythagoräischen auch die persische und arabische Tonart studierten und miteinander verglichen. Über die Jahrhunderte hinweg beriefen sich diese Gelehrten auf die Texte ihrer Vorgänger (startend um 500 v. Chr. mit Pythagoras, dann Archytas, Ptolemus, Aristoxenus, Philolaus, Euklid, Al-Kindi, Al-Farabi, Ibn Sina, Safi Al-Din, Al-Jurjani, Al-Ladhiqi bis Al-Shirwani). Im Zentrum der ästhetisch-philosophischen und physikalisch-mathematischen Betrachtung stand die Beziehung zwischen der Positionen der Finger respektive der Bünde auf dem Griffbrett (und somit der Längen des schwingenden Teils der Saiten) und der Tonhöhen. Reinen / harmonischen Frequenzverhältnissen wurde eine starke ästhetischen Bedeutung beigemessen, sie bildeten das Rückgrat der musikalischen Studien. Die Tonsysteme konnten dank der Strahlkraft der muslimischen Hochkultur, die als Universalsprache Arabisch verwendete, nun mit wenig Mühen in schriftlich-analytischer Form zwischen den Kulturen ausgetauscht werden.
Der älteste Tanz des koreanischen Königshofs, der überlebt hat, heisst
cheoyongmu. Er stammt aus dem Jahr 880 n. Chr. Das ist genau die Zeit, als infolge der Huang-Chao-Aufstände in China lebende persische Stämme aus China flüchten mussten und einige dieser Stämme sich in Korea niederliessen. Es wird vermutet, dass die Figur
cheoyong aus diesem Tanz ein Angehöriger eines solchen Stammes war. In den Annalen des koreanischen Königshofs sind ausserdem fünf spezifische Musik- und Tanzstücke erwähnt, die aus China eingeführt wurden, die aber sich aber klar von den aus China bekannten Formen unterschieden und für damalige Zeitgenossen fremd schienen.
5 Für die Dauer von fast einem Jahrtausend nach der Qin-Zeit gibt es keine Belege, dass die
qinhanzi weiter in China in Gebrauch war. Die früheste Abbildung der heute immer noch weit verbreiteten dreisaitigen Spießlaute
sanxian 三弦 (wörtlich "drei Saiten"), die der
qinhanzi ähnelt, stammt aus den Jahren 1217–79
17, das ist ungefähr die Zeit, als die Mongolen die Macht in China übernahmen. Die Mongolen kennen dieses Instrument auch und nennen es
shudraga oder
shanz. Bei den Vietnamesen heisst das Instrument
Đàn tam. Das Instrument gelangte im 14. Jahrhundert nach Okinawa. Es wird dort
sanshin 三線 genannt und fand Eingang in die
eisa-Tradition, die um ungefähr 1500 begann. Die
sanshin wurde dann nach Japan importiert. Aus ihr entwickelte sich dort dann die
shamisen 三味線.
Im siebzehnten Jahrhundert erreichte über China die persische Zither (
santur) Korea, wo dieses Instrument im achzehnten Jahrhundert grossen Anklang fand und
yanggeum (westliche Zither) genannt wird.
15 In China wird sie
yangqin genannt.
27Während ich dieses Kapitel schreibe, besuche ich in Korea zur Weiterbildung meiner
tr'ensemble-Trainingsleitertätigkeit zwei Wochen lang jeden Tag Gruppentrainings in traditionellen koreanischen Tänzen und perkussiven Instrumenten und nehme auch Einzelunterricht darin. Wenn ich die Tänze und Klänge so hautnah erlebe, spüre ich darin die Präsenz all dessen, was diese Künste über die Jahrtausende durchgemacht haben, die Menschen, die Lebenssituationen in ihren Zeitaltern und Milieus, die Orte, die Reisen, die Notwendigkeit, sich auszutauschen, die Freude, Künste weiterzugeben und anzunehmen. Und ich spüre, dass dieses Erbe ganz gross, ganz weit, ganz erhaben und weise ist und weite Teile Eurasiens und Nord- und Ostafrika daran teilhaben, und dieses Gefühl der gemeinsamen Geschichte erfüllt mich mit einer Glückseligkeit. Nicht, weil ich Teil davon wäre, sondern weil die Sache an sich so verbindend ist, weil Menschen in einem offenen, warmherzigen und anerkennenden Austausch für mich der Inbegriff von Glückseligkeit sind.
Die traditionellen musikalischen und tänzerischen Künste in Korea bestehen aus verschiedenen Tanzarten und Instrumenten. Die MeisterInnen, die ich hier kennengelernt habe, unterrichten einen Aspekt, den sie besonders gut können, und werden in der darauffolgenden Stunde SchülerIn bei einer/einem anderen MeisterIn. Und so geht es immer weiter: Die MeisterInnen wie auch die weniger Erfahrenen hier sind unglaublich engagiert im "alle Aspekte der Künste" Erforschen und immer weiter und noch weiter Vertiefen.
Die Geschichte (am Beispiel Asiens) und die gelebten Formen von Musik und Tanz zeigen mir, dass Musik und Tanz grossartig wird durch Offenheit, Interesse am Austausch und eine Ehrung und Wertschätzung des bisher kaum Bekannten. Die Ehrung und Wertschätzung beinhaltet ein Würdigen und Hochachten derjenigen, die die Kultur, die mir bisher nicht bekannt war, mit aufgebaut und mir dargeboten haben. Hochachten und Würdigen bedeutet für mich, über diese Zivilisationen zu sprechen, zu lesen, zu lernen, von ihnen zu lernen, deren Einzigartigkeit und Beitrag anzuerkennen und zu verkünden. Exklusivität, oberflächliches Monetarisieren und Kommerzialisieren von Kultur stellen für mich einen Raub von Gemeingut, einen Verrat am Gemeinwesen und oft einen fatalen Dolchstoss ins Herz der gelebten Kultur dar. Kultur kann nicht besitzt, sondern nur gelebt werden, und zwar nur mit offenen Armen. Die, die die Kultur leben, sind Kultur. Das sind die, die die Geschichte mit all ihren Hintergründen kennen und verkünden können. Die Kapitalisten, die Kultur ausschlachten wollen, haben kein Interesse an der Geschichte. Sie verraten sich durch mangelndes Verständnis und fehlendem Respekt. Sie blamieren sich und werden ohne in einer Randnotiz erwähnt zu werden vergehen. Ihr Beitrag wird gleich null sein. Antikapitalismus, Antifaschismus und gelebte Kultur passen bestens zusammen. Konservative und Identitäre haben nur dort eine Chance, Kultur für sich zu beschlagnahmen, wo inklusive, am Gemeinwohl interessierte, für Menschenrechte einstehende antikapitalistische Bewegungen die Kultur nicht leben. Einige linke Bewegungen (z.B. in Lateinamerika oder die Demokratiebewegung im Südkorea der 1980er Jahre), aber auch von Privilegien ausgeschlossene Schichten wie die
namsadang in Korea machten und machen vor, wie Kultur gelebt wird. Ich möchte von diesen noch viel lernen.
CC BY-NC-ND 4.0 韓 山 San Han
Roh-Textfragment für «Zusammen trommeln»
Bild: öffentliches Gemeingut, via Wikimedia Commons
#mywork #meinearbeit #Philosophie1 Bo Lawergren, "MUSIC HISTORY i. Pre-Islamic Iran," Encyclopædia Iranica, online edition, 2016, verfügbar unter http://www.iranicaonline.org/articles/music-history-i-pre-islamic-iran (Zugriff am 19. Mai 2016).2 https://en.unesco.org/silkroad/about-silk-roads3 https://globalhistory.org.uk/2021/04/sino-persian-exchange-along-the-silk-road/4 https://en.unesco.org/silkroad/content/did-you-know-importance-paper-making-technology-cultural-exchange-along-silk-roads5 IJCC. Vol. 5, No. 2, 115-119(2002) Cultural Exchange on the Ancient Silk Road: Fashion Diffusion Speed and Globalization, Hee-Soo Lee, Ph.D.6 Laufer, Berthold (1919): Sino-Iranica, Chinese contributions to the history of civilization in ancient Iran, with special reference to the history of cultivated plants and products7 https://www.britannica.com/art/pipa-musical-instrument8 https://en.unesco.org/silkroad/content/cultural-selection-exchange-musical-instruments-along-silk-roads9 von Falkhausen (1994): Suspended Music: Chime-Bells in the Culture of Bronze Age China, pp. 132, 329, 342, Appendix I.10 Liu, Li (2007): The Chinese Neolithic: Trajectories to Early States. Cambridge: Cambridge University Press, p. 123.11 Kuttner, Fritz A. (1965): A Musicological Interpretation of the Twelve Lüs in China's Traditional Tone System12 https://asa.scitation.org/doi/10.1121/1.221898313 https://www.britannica.com/art/sheng-musical-instrument14 Curt Sachs: The History of Musical Instruments. W. W. Norton, New York 1940, S. 251 f.15 https://exchange.umma.umich.edu/resources/26446/view16 https://historiafactory.wordpress.com/2018/06/19/music-and-islamic-civilization/17 https://www.britannica.com/art/sanxian18 https://www.cais-soas.com/CAIS/Music/drums.htm19 Chen Cheng-Yih, Early Chinese Work in Natural Science, Hong Kong University Press 199620 M. Turk, I. Turk, L. Dimkaroski, B. Blackwell, F. Horusitzky, M. Otte, G. Batiani, L. Korat: The Mousterian Musical Instrument from the Divje babe I cave (Slovenia): Arguments on the Material Evidence for Neanderthal Musical Behaviour. Opera Instituti Archaeologici Sloveniae, 13, ZRC Publishing, Ljubljana 2018, S. 105–121.21 Stephan Heidenreich/Conny Meister/Claus Joachim Kind: Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb. Das erste altsteinzeitliche UNESCO-Weltkulturerbe in Deutschland. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 46. Jg. (2017) Nr. 3, S. 162–169.22 Susanne c. MünzellWulf Hein/Friederike Potengowski/Nicholas J. Conard: Flötenklang aus fernen Zeiten. Die ältesten Blasinstrumente von der Schwäbischen Alb. 2021523 The Development of Flutes in Europe and Asia, https://flutopedia.com/dev_flutes_euroasia.htm24 Charles James Ball: Chinese and Sumerian (London: Oxford University Press, 1913)25 William P. Malm: Chinese music https://www.britannica.com/art/Chinese-music#ref28336826 https://www.britannica.com/art/qin-musical-instrument27 https://www.britannica.com/art/yangqin28 Kilmer: Reallexikon der Assyriologie 1993-1997. https://publikationen.badw.de/de/rla/index#8045