Ein Schritt hin zum „öffentlichen Raum für alle“ Der Grundgedanke hinter dem Konzept des sogenannten „Gender Mainstreaming“ besteht im Schaffen einer größeren Sensibilität für die unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen. Es geht darum gesellschaftliche Vielfalt besser abbilden zu können und dieser Rechnung zu tragen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen systematisch in Planungs- und Entscheidungsprozesse einfließen, um gleichberechtigtere […]
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Gender Mainstreaming in der StadtplanungEin Schritt hin zum „öffentlichen Raum für alle“
Der Grundgedanke hinter dem Konzept des sogenannten „Gender Mainstreaming“ besteht im Schaffen einer größeren Sensibilität für die unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen. Es geht darum gesellschaftliche Vielfalt besser abbilden zu können und dieser Rechnung zu tragen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen systematisch in Planungs- und Entscheidungsprozesse einfließen, um gleichberechtigtere Teilhabemöglichkeiten an öffentlichen Räumen und Dienstleistungen zu gewährleisten, indem insbesondere die Perspektive häufig unterrepräsentierter Gruppen eine größere Beachtung findet.
Der Begriff „Gender“- Mainstreaming ist dabei zunächst durchaus irreführend, da der Fokus nicht auf dem Erfassen typisch „männlicher“, oder „weiblicher“ Bedürfnislagen liegt und Geschlechterstereotypen mit der Methode gerade nicht verfestigt werden sollen, sondern eine viel breitere Perspektive auf die Ansprüche ganz unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen eröffnet werden soll. Am Beispiel der baulichen Gestaltung öffentlicher Räume lässt sich dies veranschaulichen:
Für seh-, oder hörbeeinträchtige Menschen bieten taktile Leitelemente, das Klicken der Ampeln an Fußgängerüberwegen, oder ausreichende und selbsterklärende Beschilderungen enorme Erleichterungen, die es ihnen ermöglichen sich mit größerer Autonomie im öffentlichen Raum zu bewegen. Abgesenkte Bordsteinkanten und großzügig gestaltete Gehwege ermöglichen das reibungslosere Miteinander von Fußgängern, mit und Rollstuhl, Rollator, oder Kinderwagen und das nächtliche Ausleuchten von Wegen trägt zu einem größeren Sicherheitsempfinden von Frauen, ungeachtet ihres Alters bei.
So ähneln sich die Bedürfnisse unterschiedlichster Menschen, die jedoch Merkmale, wie eine ähnliche Lebensphase, ein ähnlicher Lebensstil, ähnliche Kompetenzen oder Einschränkungen miteinander teilen, welche sich auf deren Gebrauch des öffentlichen Raums auswirken. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse gilt es also zu berücksichtigen, um multifunktionale Räume gestalten zu können, die vielfältige und bedürfnisgerechte Aneignungsmöglichkeiten bereithalten.
Um diese bislang blinden Flecken in Planungsprozessen beleuchten zu können, werden häufig Sozialraumanalysen durchgeführt, um relevante statistische Kennzahlen zur sozialen Zusammensetzung des lokalen Umfelds zu erheben. Neben dem Erfassen demographischer Daten gehören auch verschiedene Dialogformate, wie Interviews mit den Menschen vor Ort dazu, die als Expert:innen ihres Lebensumfelds Details zu den örtlichen Gegebenheiten zu Tage bringen können, die in formalisierten Erhebungsinstrumenten mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten nicht erfasst werden könnten: Beispielsweise das Nachvollziehen täglicher Wege und der genutzten Fortbewegungsmittel kann Aufschluss über Aspekte der Familienfreundlichkeit eines Quartiers geben: So unterscheiden sich etwa die täglich aufgesuchten Orte und Routen eines berufstätigen Erwachsenen mit Kindern, die vor der Arbeit zu Kindergarten, oder Schule gebracht werden müssen und die eines kinderlosen Erwachsenen beträchtlich. Auch die Art und Weise wie diese zurückgelegt werden, ist typischerweise eine andere: Im Fall der Familien mit Kindern spielt die Nähe und unkomplizierte Erreichbarkeit der Orte eine womöglich relevantere Rolle, als bei der kinderlosen Erwachsenen, für die das tägliche Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmittel eine weniger komplexe Herausforderung darstellen mag. Doch nicht nur für Familien ist eine „Stadt der kurzen Wege“ von Vorteil: Quartiere sollten derart gestaltet sein, dass Menschen sich dort möglichst über alle Lebensphasen hinweg wohlfühlen und sicher und selbstständig agieren können.
Bereits in verschiedenen Städten, wie Berlin, Wien und auch Köln existieren städteplanerische Leitlinien, durch die Aspekte des Gender Mainstreamings in Planungsprozessen sichergestellt werden sollen. Der Grundgedanke des Gender Mainstreaming ist dabei ist neu: 1999 wurde das Prinzip durch einen Regierungsbeschluss als generelle Strategie beschlossen, die in allen gesellschaftlichen und politischen Handlungsfeldern und – Ebenen umgesetzt werden soll.
Öffentlichkeitsbeteiligung ist in diesem Kontext also ein weiteres Instrument, durch das Entscheidungstragende wichtige Erkenntnisse erhalten und Teilhabegerechtigkeit weiter vorangetrieben werden kann!
Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Internet, beispielsweise unter:
https://stadtentwicklung.berlin.de/soziale_stadt/gender_mainstreaming/download/gender_deutsch.pdfGender Mainstreaming im Städtebau | Deutsches Institut für Urbanistik (difu.de)(lk)