Der Veedelscheck „Hey Mülheim“ gipfelt am Freitag den 24.06 in der großen Veedelskonferenz. Bereits in der letzten Ausgabe unseres Newsletters haben wir ausführlich über den Veedelscheck „Hey Mülheim“, das erste groß angelegte Beteiligungsverfahren in Köln für Kinder und Jugendliche berichtet. Im Rahmen der Re-Zertifizierung von Köln als Kinderfreundliche Kommune, wurde das Format in einer Kooperation […]
Artikel ansehen
Zusammenfassung ansehen
Hey Mülheim! Die nächste Phase des großen Kinder- und Jugend BeteiligungsformatsDer Veedelscheck „Hey Mülheim“ gipfelt am Freitag den 24.06 in der großen Veedelskonferenz.
Bereits in der letzten Ausgabe unseres Newsletters haben wir ausführlich über den Veedelscheck „Hey Mülheim“, das erste groß angelegte Beteiligungsverfahren in Köln für Kinder und Jugendliche berichtet. Im Rahmen der Re-Zertifizierung von Köln als Kinderfreundliche Kommune, wurde das Format in einer Kooperation zwischen dem Kinder und Jugendbüro und dem Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung mit der Hilfe der Beteiligungsagenturen Zebralog und Frischer Wind entwickelt.
Im gesamten Bezirk waren Kinder und Jugendliche dazu aufgerufen ihre Perspektive auf Mülheim zu schildern. Beteiligt haben sich KiTas, Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen, die mit Mal- und Bastelaktionen und bei Spaziergängen durch ihr Veedel Anregungen zur Verbesserung der Stadt sammelten. Zusammengekommen sind dabei über 700 Einträge, 30 Kommentare und 4416 Bewertungen im Beteiligungsportal der Stadt, wo die Teilnehmenden auf einer Karte Kölns Pins setzen, ihre Anliegen formulieren und „Beweisfotos“ einfügen konnten.
In der großen Veedelskonferenz in der Stadthalle Mülheims trafen nun Kinder und Jugendliche, sowie Erwachsene aus Politik und Verwaltung aufeinander um über die Anliegen und die Möglichkeiten der Umsetzung zu sprechen. Die ursprünglich für Mitte Mai geplante Konferenz musste leider zunächst wegen einer Unwetterwarnung verlegt werden. Die Wahl fiel hier auf den 24.06 – den letzten Schultag vor Beginn der diesjährigen Sommerferien in NRW um keine allzu große zeitliche Lücke zwischen den Veedelsspaziergängen und der Konferenz entstehen zu lassen. Nun markiert der Ferienbeginn für viele Schüler*innen den wichtigsten Termin des Schuljahres, sodass leider nicht allzu viele Kinder und Jugendliche den Weg in die liebevoll hergerichtete Stadthalle fanden. Die Teilnehmenden wurden hier herzlich bei kostenloser Pizza und Softdrinks vom Projektteam empfangen. An Stellwänden wurden zahlreiche ausgedruckte Eingaben aus der ersten Projektphase präsentiert, die zuvor inhaltlich in die Themenfelder „Freizeit“, „Grün- und Freiflächen“, „Sauberkeit“, „Sicherheit“, „Mobilität“ geclustert wurden.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch den Dezernenten für Bildung, Jugend und Sport Robert Voigtsberger und die erste stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Annika Hilleke. Moderatorin Britta von Wurstemburger führte die circa 70 Teilnehmenden in den folgenden drei Stunden durch drei Gesprächsrunden mit jeweils unterschiedlichen Fragestellungen. In wechselnden Tischgruppen hatten die Teilnehmenden mit ganz unterschiedlichen Hintergründen jeweils 20 Minuten Zeit ihre Gedanken zu verfassen, die anschließend auf Pinnwänden sortiert und mit Klebepunkten anhand ihrer empfundenen Wichtigkeit bewertet werden konnten. Ziel war es den Prozess des Beteiligungsverfahrens bis hierher zu reflektieren und Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Formats zu einem funktionierenden Werkzeug für Kinder und Jugendbeteiligung in ganz Köln zu gewinnen. Insgesamt wurde der Ansatz einer breit angelegten Kinder- und Jugendbeteiligung von allen begrüßt. Insbesondere das große Engagement und Herzblut des Teams des Kinder- und Jugendbüros um Annika Latzer und Michelle Titzer wurde gelobt, die das Projekt initiiert haben und Kinder- und Jugendeinrichtungen aus dem gesamten Bezirk mobilisieren konnten. Auch die Methode der Veedelsspaziergänge sowie der Möglichkeit Eingaben auf ganz unterschiedliche kindgerechte Weisen einzureichen wurde begrüßt. Auffällig war, dass überproportional viele Angaben am Wiener Platz getätigt wurden und diesen zum Inhalt hatten. Dies wurde einerseits darauf zurückgeführt, dass der Platz für viele Jugendliche aus dem Bezirk auf Grund der Einkaufs- und ÖPNV Möglichkeiten einen Dreh- und Angelpunkt darstellt. Andererseits befand sich hier der zentrale Infostand des Projekts, der von einigen Gruppen spezifisch aufgesucht wurde um dort Eingaben zu verfassen. Zwar war auch das Demokratierad (LINK) Teil des Projekts mit dem Ziel auch die anderen Stadtteile des Bezirks aufzusuchen um dort spontan Kinder und Jugendliche über das Projekt zu informieren und zur Teilnahme zu motivieren, doch war dieser Teil des Projekts weniger beworben und somit bekannt. Für die zukünftige Weiterentwicklung des Projekts wurde entsprechend der Wunsch geäußert mehr dezentrale aufsuchende Aspekte in das Konzept einzubinden um potenzielle Teilnehmende vor Ort ansprechen zu können. Die Menschen vor Ort abzuholen und sich in deren Lebenswelt zu begeben sendet ein ganz anderes, ein wertschätzenderes Signal aus, als die Menschen, wenn auch in besten Absichten, zu einem zentralen, von den Inititator*innen ausgewählten Ort einzuladen. Diese Erfahrung machen auch wir immer wieder im Rahmen der von uns durchgeführten Beteiligungsverfahren, wo uns Menschen direkt auf unsere Präsenz ansprechen, da sie in vielen Fällen zum ersten Mal erleben, dass Vertreter*innen aus offiziellen (verwaltungs-) Positionen zu ihnen kommen, statt dem umgekehrten Fall. Wir sind der Meinung, dass derartige aufsuchende-, statt der in der Vergangenheit ausschließlich praktizierten sogenannten „komm-Strukturen“ auch eine Form der Wertschätzung gegenüber den Bürger*innen ausdrückt.
Doch zurück zur Veedelskonferenz: Wie geht es weiter?
…denn das Projekt hat mit der Veedelskonferenz noch nicht seinen Abschluss gefunden. Was geschieht nun mit all den gesammelten Anliegen? Diese werden an die jeweils zuständigen Verwaltungsfachstellen weitergegeben um sie um deren Umsetzbarkeit hin zu prüfen und – im besten Fall auch umzusetzen. Hier kommt ein Faktor zu tragen, der auch in vielen vergangenen Verfahren mit der Zielgruppe der Erwachsenen immer wieder kritisch zu sein scheint: Die Zeit.
Zunächst einmal gilt es hier Verständnis für beide Seiten aufzubringen: Die Bürger*innen und auch die Verwaltung. Hier treffen schlicht zwei sehr unterschiedliche Logiken aufeinander: Auf der einen Seite die der Bürger*innen, in deren Wahrnehmung auf eine Beteiligung auch in absehbarer Zeit die entsprechenden Resultate folgen sollten und auf der andere Seite die der Verwaltung, die an die zahlreichen Prozessregeln und Feedbackschleifen gebunden ist. Was Bürger*innen dabei nicht immer realisieren ist, dass Verwaltungsfachstellen sich eben nicht nur mit einem Projekt, sondern zeitgleich mit einer Vielzahl von Projekten in unterschiedlichen Stadien befassen. Öffentlichkeitsbeteiligungen stellen dabei nur eine Projektphase dar, der eine ganze Reihe von weiteren internen Abstimmungsprozessen folgen, sodass von der Phase der Beteiligung bis zur finalen Umsetzung häufig noch Jahre ins Land ziehen. Diese Zeitläufe sind zugleich nicht immer von Anfang an transparent. In unserer Erfahrung führt dies bei Bürger*innen nicht selten zu Unverständnis und Frustrationen. Eine besondere Herausforderung für das Projekt stellte sich also hinsichtlich genau dieser Phase zwischen Beteiligung und Umsetzung, da die Interessen und Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen oft einem noch schnelleren Wandel unterlegen sind als bei Erwachsenen. Um dieser auf Erfahrungswerten beruhenden Beobachtungen zu begegnen, gibt es einen 100-Tage Re-Check. Exakt 100 Tage nach der Veedelskonferenz werden die Projektverantwortlichen bei den jeweiligen Verwaltungsfachstellen anfragen, wie es um die Umsetzung der Eingaben steht. Die Antworten werden wiederum veröffentlicht um den Teilnehmenden zu zeigen, dass ihre Anliegen tatsächlich ernst genommen und idealerweise auch umgesetzt werden.
„Warum kann es also nicht immer so laufen?“ fragten sich auch die ein oder anderen Erwachsenen im Rahmen der Veedelskonferenz. Mehr Transparenz hinsichtlich der zu erwartenden Zeitläufe und transparentes Feedback von Verwaltungsstellen zum Verbleib eingereichter Anliegen scheint schließlich nicht nur fair gegenüber Kinder und Jugendlichen, sondern gegenüber allen Bürger*innen, die sich mit ihrem Engagement dafür einsetzen, dass Köln eine lebenswertere Stadt wird.
Wir hoffen also, dass das Projekt „Hey Mülheim“ nicht nur ein Leuchtturmprojekt für Kinder- und Jugendbeteiligung bleibt, sondern als ernstgemeintes Experiment für eine breiter angelegte Beteiligungskultur steht und auch in zukünftigen Beteiligungsprojekten auf Elemente des Veedelschecks zurückgegriffen wird um Menschen jeden Alters einen vielfältigeren Zugang zur politischen Teilhabe zu ermöglichen. So möchten auch wir uns beim Projektteam für die kreativen Denkanstöße und spannenden Veranstaltungen bedanken und hoffen in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft auch „Hey Köln!“ rufen zu können.