Ein Gastbeitrag von Joachim Frank Wenn es etwas gibt, was den Menschen und die Gesellschaft weiterbringt, dann ist es die Lust auf Neues, auf Veränderung und – auf Kommunikation. Seit 401 Jahren steht das Medienhaus DuMont für Information und Innovation. Aus seiner Geschichte als Zeitungsverlag speist sich der Sinn für Journalismus, aber auch der Drang, […]
DuMont: Start-up mit 401 Jahren TraditionEin Gastbeitrag von Joachim Frank
Das Neven DuMont Haus an der Amsterdamer Straße © Foto: Matthias Heinekamp, 7.2.2020.
Wenn es etwas gibt, was den Menschen und die Gesellschaft weiterbringt, dann ist es die Lust auf Neues, auf Veränderung und – auf Kommunikation. Seit 401 Jahren steht das Medienhaus DuMont für Information und Innovation. Aus seiner Geschichte als Zeitungsverlag speist sich der Sinn für Journalismus, aber auch der Drang, sich ständig weiterzuentwickeln: ein Start-up mit 401-jähriger Tradition.
Das Feuer dieser Tradition, das das Medienunternehmen DuMont 2021 ins fünfte Jahrhundert seines Bestehens trägt, wird im frühen 17. Jahrhundert von Bertram Hilden entfacht. In der Kölner Straße Unter sechzehn Häusern (heute: Unter Sachsenhausen) richtet er eine Druckerei ein. Sie stellt Gebetbücher und Festschriften her. Ältestes bekannteste Erzeugnis ist das Programm einer Schüleraufführung am damaligen Montanergymnasium, datiert auf das Jahr 1620.
Die nachfolgenden Generationen widmen sich bereits dem Zeitungsgeschäft, und zwar im Auftrag der Kölner Universität. 1664 beantragt Peter Hilden beim Rat der Stadt, eine Zeitung drucken und herausgeben zu dürfen. Sie soll sich »an die Stützen der Gesellschaft wenden, an die Gebildeten in der Stadt und an die Adligen in der Umgebung«. Das Blatt wird aber auch in alle Städte geschickt, mit denen Köln eine Postverbindung hat. In den nächsten Jahrzehnten etablieren die Hildens einen Nachrichtendienst mit Korrespondenten an bedeutenden Handelsplätzen der Stadt Köln wie Den Haag, Brüssel, Paris, London oder Wien.
Durch Heiratsverbindungen gelangt der Verlag in den Besitz der Familie Schauberg. 1763 erhält sie den Druckauftrag für die »Kaiserliche Reichs-Ober-Post-Amts-Zeitung zu Cölln«. Aus ihr geht um das Jahr 1800 die »Kölnische Zeitung« hervor. 1802 kaufen die Schaubergs das Blatt und gaben es fortan selbst heraus. 1805 heiratet die Erbin Katharina Schauberg den Kölner Rechtsanwalt Marcus DuMont. Der Jurist erfindet sich auch beruflich neu. Mit dem Kauf der »Kölnischen Zeitung« samt Druckerei, Buchverlag und Papierhandlung begründet er die Tradition des Unternehmens M. DuMont Schauberg.
In den folgenden Generationen ist die Verleger-Familie auf Innovation und technischen Fortschritt bedacht. Joseph DuMont führt 1833 als erster in Deutschland die auf Dampfdrucktechnik basierende Schnellpresse ein. Die Zeit zum Druck der Auflage von damals 3300 Exemplaren sinkt von zwölf auf vier Stunden.
Um Schnelligkeit geht es auch als der Verlag 1849 erstmals Brieftauben zwischen Paris Brüssel und Aachen einsetzt: eine Luftpost der besonderen Art zur Übermittlung der Börsenkurse. Die »Kölnische Zeitung« bringt später auch die erste telegrafisch übermittelte Nachricht.
Führende liberale Zeitung in Deutschland
Im 19. Jahrhundert avanciert die »Kölnische« zur führenden liberalen Zeitung in ganz Deutschland. Doch große Politik ist für eine Tageszeitung und ihre Leserschaft nicht alles. So steht der Service-Gedanke Pate für eine folgenreiche Neugründung. Als kostenloses Anzeigenblatt kommt am 14. November 1876 erstmals der »Stadt-Anzeiger« als Beilage zur »Kölnischen Zeitung« heraus. 1923 wird daraus eine »richtige« Zeitung mit redaktionellem Schwerpunkt auf dem Lokalen.
Die Jahre der NS-Diktatur von 1933 bis 1945 sind auch für den Verlag Schicksals- und Katastrophenjahre. Der Familie Neven DuMont gelingt es, den Bestand ihrer Firma und der Zeitungen zu sichern, die unter strikter Zensur des Regimes weiter erscheinen. Doch am Kriegsende sind das Pressehaus in der Breite Straße weitgehend zerstört. Viele Betriebsangehörige sind gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Nach vierjähriger Zwangspause titelt die Zeitung in ihrer Erstausgabe am 29. Oktober 1949: »Der Stadt-Anzeiger ist wieder da!«
1964 kommt als eigene Stimme der EXPRESS hinzu, der rasch zu einer der meistgelesenen Boulevardzeitungen in Deutschland wird. Den frechen kleinen Bruder des »Stadt-Anzeiger« nennt ihn Gründungsherausgeber Alfred Neven DuMont. In der Zeit der Wende 1989/90 wird DuMont auch zu einem gesamtdeutschen Verlag: Das Stammhaus übernimmt in Halle/Saale die ehemalige SED-Bezirkszeitung »Freiheit« und macht daraus die »Mitteldeutsche Zeitung« (MZ) als unabhängiges, überparteiliches Blatt. Zur gleichen Zeit beginnt das DuMont-Engagement in den elektronischen Medien: Radio Köln und Radio Leverkusen, Bonn/Rhein-Sieg, Euskirchen, Rur, Erft sowie Berg gehen auf Sendung.
1996 und 1997 gehen die Internetauftritte von EXPRESS und »Stadt-Anzeiger« online. In den 2000er Jahren, die für die Zeitungsbranche eine Zeit der Krise und des Umbruchs sind, treibt DuMont den digitalen Wandel weiter voran. 2014 und 2015 werden zu Jahren der Neuorientierung. Seit dem Tod Alfred Neven DuMonts 2015 tragen die Herausgeber Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte die publizistische Verantwortung. An der Spitze des DuMont-Aufsichtsrats führen sie das Familienunternehmen in der zwölften Generation. Unter seinem Vorstandsvorsitzenden Christoph Bauer fokussiert DuMont seine Aktivitäten auf drei Geschäftsfelder: Regionalmedien, Business Information und Marketing Technology.
Einschneidenden Schritten wie dem Verkauf der Verlagsanteile an der »Frankfurter Rundschau«, der Trennung vom Berliner Verlag und auch vom Verlag der »MZ« steht eine Reihe von Beteiligungen und Neuerwerbungen gegenüber, mit denen DuMont erfolgreich auf den Zukunftsmärkten des Mediengeschäfts agiert und – wieder einmal – selbst zum Motor der Innovation wird.
Unter dem Dach des Regionalmedienverlags sind heute neben den Zeitungstiteln zum Beispiel die Event-Agentur LiveKon oder der Eintrittskarten-Service »Köln-Ticket« zu finden.
Im Geschäftsfeld Business Information hilft DuMont Unternehmen und Institutionen mit hochwertigen Daten und digitalen Tools – ein entscheidender Erfolgsfaktor in der nächsten technischen Revolution mit der Künstlichen Intelligenz. Die Online-Plattform DTAD ist mit ihrer Datenbank zu mehr als 200.000 Firmen und Vergabestellen und jährlich 700.000 Ausschreibungen führend bei den Themen Marktbeobachtung und -analyse. »Validatis Data Services« unterstützt insbesondere Banken und Versicherungen, etwa bei der Prävention von Geldwäsche. Auch die Weiterentwicklung eines Fachverlags wie »Reguvis« mit mehr als 1000 Büchern, Zeitschriften, Infodiensten sowie über 50 Fachportalen und Datenbanken zu einem Dienstleister mit Weiterbildungen zu Themen wie Außenwirtschaft, Vergabe, Bau und Immobilien zeigt die DuMont-Philosophie als Lösungsanbieter.
Der Bereich Marketing Technology vereint Unternehmen, die mit Softwarelösungen die Digitalisierung und Automatisierung des Marketings unterstützen. Innovative Software hilft den Kunden, den Vertrieb und die Kommunikation mit ihren Zielgruppen zu optimieren. Im Bereich des Social Media Marketing ist »facelift« einer der führenden Anbieter in Europa. »censhare« stellt Hunderten von Unternehmen eine Content- und Marketing-Plattform bereit. DuMont setzt auf Talente aus der ganzen Welt, ist mit Standorten in den USA, Frankreich, Großbritannien, Dubai, Indien und weiteren Ländern international aufgestellt.
Mit Kreativität und Mut gestaltet DuMont den medialen und gesellschaftlichen Wandel mit. Erfindungsreichtum, Pioniergeist und technologischer Fortschritt gehören zu DuMont. Heute wie vor 401 Jahren.
Joachim Frank
geb. 1965 in Ulm, ist Chefkorrespondent der DuMont Mediengruppe und Mitglied der Chefredaktion beim Kölner Stadt-Anzeiger. Von 2009 bis 2011 war er Chefredakteur der
Frankfurter Rundschau. Frank hat katholische Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. Im Ehrenamt ist er Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP). Für seine journalistische Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem »Wächterpreis der Tagespresse«.