Registermodernisierung: Jetzt kommt die Nummer, mit der staatliche Datenbanken zusammengeführt werden können
[img=860x484]https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2021/01/Registermodernisierung_Abstimmung_Kommentar-scaled-e1611826165636-860x484.jpg[/img]Der Bundestag will heute entgegen starker verfassungsrechtlicher Bedenken die Nutzung einer universellen Personenkennzahl in der Verwaltung beschließen. Er öffnet damit die Türe zur Profilbildung und zu noch mehr Überwachung der Bürger:innen. Ein Kommentar.
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Registermodernisierung: Jetzt kommt die Nummer, mit der staatliche Datenbanken zusammengeführt werden könnenRegistermodernisierung, das klingt erst einmal sperrig, aber dann doch irgendwie gut. Vor allem, weil damit die Hoffnung einhergeht, dass die Bürgerämter und
Elterngeldstellen im Land endlich digitalisiert werden. Auch das ist mit der Registermodernisierung geplant und dennoch gibt es Grund zur Sorge. Denn mit der Modernisierung kommt jetzt auch die individuelle Personenkennzahl.
Diese ist problematisch, weil man mit ihr theoretisch die Daten aus allen staatlichen Datenbanken bei Bund, Ländern und Kommunen zusammenführen kann. Dadurch entstünde der gläserne Bürger. Das merkten Datenschützer:innen schon an, als im Jahr 2007 die individuelle Steueridentifikationsnummer eingeführt wurde. Damals wurde beteuert,
dass die Steuer-ID nicht als Personenkennzahl genutzt werden würde. Doch genau das passiert jetzt.
Die Regierungskoalition beteuert heute wieder,
dass eine Zusammenführung der Register nicht geplant und wegen der dezentralen Datenhaltung gar nicht möglich sei. Alles diene nur der Bequemlichkeit für die Bürger:innen, mit der Nummer würde alles einfacher und schneller. Doch warum sollte man ihr glauben, wenn die Haltbarkeit solcher Datenschutzversprechen gerade einmal 14 Jahre andauert?
Persönlichkeitsprofile verstoßen gegen Menschenwürde
Die Einführung einer Personenkennzahl ist mit hohen verfassungsrechtlichen Hürden verbunden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mehrfach gegen eine solche Nummer ausgesprochen. Mit dem Volkszählungsurteil von 1983 schuf das Gericht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Danach verstößt es gegen die Menschenwürde, also den ersten und wichtigsten Paragrafen des Grundgesetzes, staatliche Persönlichkeitsprofile der Bürger:innen anzulegen.
Im vergangenen Spätsommer hatten zudem alle Datenschutzbehörden
unisono gewarnt, dass das Gesetz verfassungswidrig sein könnte. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages
sah „erhebliche Schwierigkeiten“. Doch die Bundesregierung hat
nicht wirklich nach alternativen, datenschutzfreundlicheren Modellen gesucht, sondern sich von Anfang an
auf die Steuer-ID als Kennzahl eingeschossen.
Damit schieden Modelle aus, bei denen die echte Personenkennzahl nur einer Behörde vorliegt, die dann den anderen Behörden auf Anfrage individuelle, bereichsspezifische Nummern vergibt. Mit so einem Modell, wie es beispielsweise in Österreich praktiziert wird, liegen die Hürden für eine Zusammenführung der Daten deutlich höher als in Deutschland.
Wo ein Trog, da kommen die Schweine
Wo Datenbanken sind, da gibt es auch Interesse an ihnen.
Alle Erfahrung lehrt: Einmal eingeführte
Überwachungsinstrumente werden später ausgeweitet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Hürden bei der Personenkennzahl fallen werden. Und wer die Daten aus 50 Registern und Datenbanken zusammenführt, erhält ein sehr genaues Bild über die Lebensumstände eines Menschen.
Auch für Geheimdienste und Polizeien ist genau das hochinteressant. In der letzten Fassung des Gesetzentwurfs werden sie noch explizit von der Nutzung der Personenkennziffer ausgeschlossen. Doch wie lange?
So könnte das, was als wichtiger Schritt für die Digitalisierung der Behörden verkauft wird, schneller als uns lieb ist, zu einer Profilbildung und damit mehr Überwachung der Bürger:innen führen. Und damit zu etwas, was dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung diametral entgegensteht.
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