Kaum einer kennt ihn nicht, den berühmten Hochstapler, Frauenschwarm und Lebenskünstler Giacomo Casanova (1725–1798). Um sein Leben ranken sich die abenteuerlichsten Geschichten, die er detailliert in seinen fast 3000 Seiten umfassenden Memoiren beschrieb. – Eine kurze Zeit verweilte der Venezianer auch in Köln. Sein erster Besuch war nach eigener Angabe zur Karnevalszeit 1760. Aus Utrecht […]
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Casanova ist glücklich in KölnFrancesco Casanova, Portrait seines Bruders Giacomo Casanova, Zeichnung, um 1750, Staatliches Historisches Museum Moskau
Kaum einer kennt ihn nicht, den berühmten Hochstapler, Frauenschwarm und Lebenskünstler Giacomo Casanova (1725–1798). Um sein Leben ranken sich die abenteuerlichsten Geschichten, die er detailliert in seinen fast 3000 Seiten umfassenden Memoiren beschrieb. – Eine kurze Zeit verweilte der Venezianer auch in Köln. Sein erster Besuch war nach eigener Angabe zur Karnevalszeit 1760. Aus Utrecht kommend, nahm er Quartier im Gasthof »Zum Heiligen Geist«, der unweit der Anlegestelle am Leystapel direkt an der Rheingasse lag. Es ist ungefähr die Stelle, an der heute das Gasthaus zum »Roten Ochsen« steht. Vor der Stadt, in der seit 1757 über 20.000 französische Soldaten einquartiert waren, entkam Casanova nur knapp einem Überfall französischer Deserteure, die es auf seine Börse abgesehen hatten.
»… eine halbe Meile vor der Stadt legten fünf Deserteure, drei rechts und zwei links, auf mich an, indem sie mir zuriefen: Die Börse oder das Leben! Ich aber ergreife mein Pistol, lege auf den Postillion an und drohe ihn niederzuschießen, wenn er nicht im Galopp fortführe; die Meuchelmörder offen auf meinen Wagen, ohne weder einen Menschen noch die Pferde zu verwunden, da sie nicht verstand genug hatten, den Postillion herunterzuschießen.«
Eigentlich wollte er nur einen Tag in Köln bleiben und »wenn mich etwas in Köln zurückhalten könnte, wäre es sicherlich nicht die Neugier, der Hinrichtung einiger Unglücklichen beizuwohnen. Diese Art von Vergnügungen ist durchaus nicht nach meinem Geschmack.« Andere Gründe hingegen kamen da schon eher in Betracht. Casanova erhielt recht schnell nach seiner Ankunft Zutritt in die Kölner Gesellschaft. Über zwei Monate lang wohnte er Theateraufführungen und rauschenden Festen im Karneval bei. Mit der Elite des Kölner Adels besuchte er einen Hofmaskenball zu Bonn und wurde auch vom Kurfürsten huldreichst in seinem Schloss in Brühl empfangen. Von Köln selbst berichtet Casanova wenig, mit einem Lohndiener durchstreifte er zwischenzeitlich die Straßen und besichtigte »alle heroisch-komischen Wunder dieser alten Stadt«.
Der eigentliche Grund jedoch für sein längeres Verweilen in Köln war die Bekanntschaft mit einer jungen Frau, die ihn zum Bleiben überredet habe und zu der er direkt in Liebe entflammt sei. In seinen Erinnerungen berichtet Casanova über das amouröse Abenteuer, das er mit der Gattin eines Kölner Bürgermeisters hatte. Vermutlich handelte es sich um Maria Ursula Columba zum Pütz (1734–1768), die Ehefrau des Bürgermeister Franz Jacob de Groote (1721–1792), die Casanova in einer Theatervorstellung kennengelernt haben will.
»Da ich überzeugt war, daß man mich einigen Damen vorstellen werde, und da ich eine gute Figur während meines Hierseins spielen wollte, so verwendete ich eine Stunde auf meinen Anzug. […] So saß ich in einer Loge, einer hübschen Frau gegenüber, welche mich mehrmals ansah. Es bedurfte dessen kaum, um mich neugierig zu machen. […] Sie empfing mich mit anmuthigem Lächeln, befragte mich über Paris, Brüssel, wo sie erzogen war, und that dies, ohne meinen Antworten die geringste Beachtung zu schenken.«
Ein heimliches Treffen wurde alsbald im Haus des Bürgermeisters verabredet, während jener in Dienstgeschäften unterwegs war. Da das Kabinett der Angebeteten einen direkten Zugang vom Beichtstuhl einer benachbarten Kirche hatte, musste sich Casanova dort bis zur verabredeten Zeit einschließen lassen. In einer kleinen Kammer, die er durch einen privaten Zugang erreichte, wurde er schließlich von der Bürgermeisterfrau empfangen: »Sieben volle Stunden schwelgten wir, und sie schienen mir sehr kurz, obwohl wir uns keine Ruhe gegönnt hatten.« Ort des Geschehens war, nach den Recherchen des Lokalhistorikers F. Walter Jlges, die Wohnung des Küsters der Familienkirche »Im Elend« des Patriziergeschlechtes de Groote am Katharinengraben. Casanova verließ in allen Ehren als hochgeehrter Kavalier die Stadt und das Kurfürstentum Köln. Ein zweiter Aufenthalt in Köln ergab sich im Juli 1767, Casanova befand sich auf der Durchreise von Süddeutschland nach Aachen und Spa. Zu einem erneuten Treffen zwischen ihm und der einst umworbenen Dame kam es jedoch nach eigenem Bericht nicht mehr, er habe eine kühle Aufnahme gefunden, da sie inzwischen sehr fromm geworden sei.
– GE
Literatur: Denkwürdigkeiten von Jakob Casanova von Seingalt. Von ihm selbst geschrieben. Hg. von M. G. Herni. Bd 6. Hamburg 1856, hier S. 51-75.