Meine Freunde Livia und Remo aus der Schweiz kommen Mitte Dez. 24 bis Anfang Februar 25 nach Okinawa, um die traditionelle Tanz-Kultur, die es hier gibt, zu studieren. Da Tanz wie auch Musik hier stark in die Feiertage eingebunden sind, habe ich für meine Freunde mal die Bedeutungen zusammengestellt.
Die Festlegung der jährlichen traditionellen Feiertage richtet sich auf den Ryūkyū-Inseln gleich wie im chinesichsprachigen Raum und wie in Korea nach dem Chinesischen (Mond- resp. Mond- und Sonnen-)Kalender (okin. Uchinaakuyumi, jap. Kyūreki).
Bei den Feiertagen geht es darum, den Ahnen und/oder verschiedenen Gottheiten zu huldigen. Eine nach okinawaischem Brauch verehrte Gottheit ist 火の神 (okin. Hinukan; wörtlich "Gottheit des Feuers"), welche die Familie beschützen soll. Der Kochherd wird ihr zugeschrieben. Ihr wird bei mehreren Feiertagen gehuldigt (s. unten). Daneben gibt es noch weitere Gottheiten, z.B. die des Wassers. Buddha wird auch verehrt.
Zeremonie-Orte sind:
- Kochherd
- Tokonoma (jap. Zimmernische zum Ausstellen von Kunst und Blumen)
- Butsudan (Buddhistischer Hausaltar)
- Garten
- Brunnen
- Küste/Strand
- Schiff/Boot
- etc.
Okinawaische rituelle Gegenstände resp. Opfergaben sind:
- 花米 (okin. Karamihana od. Nahagumi): seit vergangenem Jahresende aufbewahrter Reis, der fürs Ritual in lackierten Essensboxen aufgehäuft und mit übereinander gelegter roter, gelber oder goldener und weisser Pappe geschmückt wird. Dieser Pappe-Schmuck wird 上から (okin. Ukarii; von oben) genannt. Rot bedeutet eine gute Gesichtsfarbe und steht für Gesundheit, gelb oder gold steht für 黄金 (okin. Kugani; Geld oder Goldmedaille) und im weiteren Sinne für Glück im Umgang mit Geld, und weiss steht für ein das gesamte Schicksal offenbarender Glücksbringer. Auf das Ganze oben drauf werden noch zwei Pomeranzen und zwei in Konbu-Blätter eingewickelte Holzkohle-Stücke angerichtet. Konbu steht für Freude resp. Vergnügen, Holzkohle fürs Wohlergehen der Familie und die Pomeranzen für 代々 (okin. Yuyu, jap. Daidai; von Generation zu Generation) und im weiteren Sinne für die Kontinuität von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
- ハレの膳 (Hare no zen) ist ein Tablett zu Ehren des Buddha, auf das Ukarii (s. oben) gelegt und darauf Pomeranzen und in Konbu-Blätter eingewickelte Holzkohle-Stücke sowie Esswaren angerichtet werden. Die Esswaren sind beispielsweise 赤ウブク (okin. Akaubuku; roter Reis), Suppe mit 如意素麺 (Ruizōmen), ウサチ (okin. Usachi; Essiggemüse-Beilage) oder ウチャワキ (okin. Uchawaki; Ein Teller mit vielen Leckereien).
- 餅、鬼餅 (okin. Muuchii; jap. Mochi) resp. 葉餅 (okin. Kaasamuuchii; Blatt-Mochi) ist in ein Muschel-Ingwer-Blatt eingewickeltes gedämpftes Mochi.
- 若木 (jap./okin. Wakagi) ist ein Bäumchen, das zum Schmuck im Eingangsbereich eines Anwesens aufgestellt wird.
- 注連七縄 (jap./okin. Shimenawa) ist ein in der japanischen und seit jüngerer Zeit auch in der okinawaischen Kultur verwendeter aus Stroh seilartig geflochtener Glücksbringer. Es bestehen lokale Unterschiede in der Anfertigung.
- 塩 (okin. Maasu, jap. Shio; Salz) ist eine grundlegende Opfergabe zu Ehren von Hinukan.
- 若水 (okin. Wakamiji, jap. Wakamizu) ist das am Morgen als erstes aus dem Brunnen geschöpfte Wasser. Es ist einerseits eine Opfergabe. Andererseits kommt es beim Ritual ウビナディ (okin. Ubinadi) zu Einsatz. Dabei berührt die Mutter oder Grossmutter mit dem mit Wakamiji angefeuchteten Mittelfinder die Stirn eines Kindes dreimal, mit der Bitte, dass es jeden Tag gesund heranwächst.
- ミジティ (okin. Mijiti; Wasser) ist eine grundlegende Opfergabe zu Ehren von Hinukan.
- Alkohol ist eine grundlegende Opfergabe zu Ehren von Hinukan.
- Frische Laubzweige (von den Sträuchern Croton oder チャーギ) sind eine grundlegende Opfergabe zu Ehren von Hinukan.
Die Feiertage auf Okinawa sind (mal vorläufig für die Periode, wo meine Freunde da sind):
Wintersonnenwende (21. Dez. 24): 冬至 (okin. Tunjii). Starke saisonbedingte Winde wehen und das kalte Wetter setzt sich um die Wintersonnenwende fort. Der Tunjii-Eintopf wird auf dem buddhistischen Altar geopfert und im Kreise der Familie gegessen, um die Kälte abzuwehren. Der Tag wird auch Wintersonnenwende-Neujahrstag genannt, da man glaubte, dass das neue Jahr nach dem Verzehr von Tunjii-Eintopf beginnen würde.
8. Tag des zwölften Mondes (7. Jan. 25): 餅、鬼餅 (okin. Muuchii). An diesem Feiertag wird Muuchii resp. Kaasamuuchii (s. oben) dem Hausaltar dargeboten, mit der Bitte um Gesundheit der Familie.
24. Tag des zwölften Mondes (23. Jan. 25): 御願解き (okin. Uguanbutuchi, jap. Oganhodoki). Man bedankt sich bei Hinukan und den weiteren Gottheiten für ein Jahr Sicherheit, Gesundheit und Langlebigkeit. Da an diesem Tag Hinukan in den Himmel steigt, wird dem Kochherd Tee oder Alkohol dargeboten. Weihrauchstäbchen werden verbrannt.
Letzter Tag des Mond-Jahres (28. Jan. 25): 年ぬ夜 (okin. Tushinuyuuru, jap. Oomisoka). An diesem letzten Tag des Mondjahres wird das Anwesen (Haus und Felder) gereinigt. Dann bedankt man sich bei den Gottheiten des Anwesens. Danach bittet man darum, dass die Unglücke des zu Ende gehenden Jahres ein Ende nehmen.
1. Tag des ersten Mondes (29. Jan. 25): 正月 (okin. Soogwachi, jap. Shōgatsu). An diesem Tag werden den Gottheiten und dem Buddha am Hausaltar mit den oben beschriebenen Opfergaben gehuldigt, für Gesundheit und Wohlergehen der Familie gebetet und bescheiden zum neuen Jahr beglückwünscht. Drei Tablette mit Akaubuku (s. oben) werden Hinukan dargeboten. Ubinadi (s. oben) wird durchgeführt. Da die Gezeiten in engem Zusammenhang mit dem Mondkalender stehen, werden in Städten mit bedeutender Fischerei (z.B. Itoman) im Hafen auf den Fangschiffen die Fahne, die sonst nur bei großem Fang gehisst wird, unter der Fürbitte für grosse Fänge und sichere Seefahrt gehisst. Zu diesem Tag (und nur zu diesem) wurde traditionell ein Schwein geschlachtet und zu einem Mahl zubereitet. So lautete früher die Frage nach dem Lebensalter einer Person wörtlich: "Wieviele Schweine hast du gegessen?"
2. und 3. Tag des ersten Mondes (30. und 31. Jan. 25): 初起し (okin. Hachi-ukushi), in bäuerlichen Gegenden 初原・初畑 (okin. Hachibaru), in Fischereidörfern 船起し (okin. Funa-ukushi). Ritual des Beginns der Arbeit im neuen Jahr. Am Morgen wird Hinukan gehuldigt. Danach werden die landwirtschaftlichen Gerätschaften in den Garten gebracht, wo auch Karamihana resp. Nahagumi, Alkohol und Salz aufgestellt sind, um für eine gute Ernte und Gesundheit zu bitten. Die Gerätschaften werden mit Salz und Alkohol besprengt. In einigen Gegenden wird über ihnen stattdessen ein Maulbeerzweig dreimal von oben nach unten geschwungen. Im Falle der Fischereidörfer wird auf dem Schiff die Schutzgottheit des Schiffs um sichere Seefahrt und reichen Fischfang gebeten. Unter Hissung der Fahne für grossen Fischfang wird gemeinsam ein zeremonieller Alkohol getrunken. An diesen Feiertagen wird in einigen Ortschaften der Gottheit des Wassers mit dem Ritual カーメー (okin. Kaamee; Aufsuchen des Brunnens) oder カーウガミ (okin. Kaaugami; Verehrung des Brunnens) gehuldigt.
30. Jan. bis 10. Feb. 25: 生年祝い (okin. Tushibii). Eine Veranstaltung zum Feiern und Wünschen von Gesundheit für das gleiche Tierkreiszeichen wie das Geburtsjahr. Ursprünglich wurde es im 12. Geburtsjahr gefeiert, inzwischen werden jedoch das 13. Geburtsjahr und die Jahre ab dem Kanreki (60. Geburtstag) in großem Stil gefeiert. Das Lied, das dazu gesungen wird, ist eines meiner Lieblingslieder. Seit ungefähr einem Monat übe ich es oft.
4. Tag des ersten Mondes (1. Feb. 25): 火の神迎え (okin. Hinukan-mukee, jap. Hi no Kami no Mukae). Das Ritual wird von der Hausfrau durchgeführt. Die am Uguanbutuchi (s. oben) in den Himmel aufgestiegene Gottheit Hinukan kehrt an diesem Tag ins Haus zurück und wird unter Anderem mit in Treppenform angerichteten Weihrauch-Stäbchen willkommen geheissen.
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Okinawa