Peter Nowak Der Kinofilm „Like a complete unknown“ zeichnet ein unvollständiges Bild des jungen Bob Dylan. Bob Dylan hat den […]
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Völlig unbekanntPeter NowakDer Kinofilm „Like a complete unknown“ zeichnet ein unvollständiges Bild des jungen Bob Dylan.
Bob Dylan hat den Status einer lebenden Legende. Er ist der einzige Sänger, der den Literaturnobelpreis erhielt und ihn nicht selbst entgegen nahm. Dylan vermeidet jede gesellschaftspolitische Positionierung. Viele seiner Fans sehen es als seine besondere Qualität, nicht zu den Künstler*innen zu gehören, die eher mit ihrer politischen Haltung als mit ihrer Kunst für Aufmerksamkeit sorgen.
Dabei bewegte sich der junge Dylan in hochpolitischen Kreisen. „Like A Complete Unknown“ beginnt mit einem Besuch des jungen Musikers am Krankenbett seines großen Vorbilds, des Folkmusikers Woody Guthrie. Der litt an einer Nervenkrankheit, wegen der er nicht mehr sprechen konnte, geistig war er noch voll auf der Höhe. Etwas Abwechslung im tristen Hospitalzimmer verschaffte ihm sein Freund Pete Seeger, der an Guthries Krankenbett saß, als Dylan aufkreuzte. Die beiden waren etwas skeptisch, doch als der junge Mann dann die Gitarre auspackte und ein Stück vorführte, das er für Guthrie geschrieben hatte, wurde er aufgenommen in den Kreis politisch linksstehender Folkmusiker*innen.
Wir können mitverfolgen, wie der junge Mann mit der Gitarre zum bekannten Star wird. Anfangs war er mittellos und übernachtete aus Geldmangel im bescheidenen Haus der Familie Seeger. Schon wenig später logierte er im noblen Bungalow der Folksängerin Joan Baez. Die kurze Beziehung von Dylan und Baez spielt eine wichtige Rolle. Sie beendet die Liaison, indem sie Dylan aus ihrem Haus wirft. Ob wegen dessen Beziehungen zu anderen Frauen oder weil sie mit Dylans künstlerischer Entwicklung nicht einverstanden war, bleibt offen.
Tatsächlich entfernt sich Dylan sehr schnell aus dem Milieu des politisch engagierten Folk. Es kommt zu Zerwürfnissen, auf Konzerten wird er ausgebuht. Diese Konflikte entzünden sich vordergründig daran, dass Dylan elektrische Gitarren benutzt und so den Zorn der Folk-Purist*innen erregt. Doch sie haben auch eine eminent politische Komponente, die im Film nur angerissen wird. Seeger wurde angeklagt, weil er angeblich den „Ausschuss für unamerikanische Umtriebe“ missachtet hatte. Dieser verfolgte Seeger, weil er sich trotz des Kalten Krieges nicht von der Kommunistischen Partei der USA distanzierte und auf vieler ihrer Veranstaltungen auftrat – so wie Woody Guthrie. Für beide ist die Folkbewegung auch ein Mittel, um der Bevölkerung kritische Inhalte zu vermitteln.
In der letzten Szene besucht Dylan ein letztes Mal den todkranken Guthrie und bringt ihm ein Musikinstrument zurück, das dieser ihm geschenkt hatte. Dann macht er sich mit einem schnellen Motorrad aus dem Staub. Nicht nur der Beginn seiner künstlerischen Karriere, sondern auch ein Abschied von der politisch engagierten Kunst.
Like A Complete Unknown, 140 Minuten, Regie: James Mangold.