Die Ermittlung (2024)Filmfest München 2024
LEONINE
Die Ermittlung (2024) von RP Kahl
Das Grauen, das im Kopf entsteht
Ein geschlossener Raum, mehr als 60 namhaften Darsteller*innen, vier Wochen Probe, fünf Drehtage mit bis zu acht Kameras, die das Geschehen festhielten, und eine Laufzeit von 240 Minuten: RP Kahls „Die Ermittlung“ ist schon allein von den nackten Daten und Fakten her eine der ungewöhnlichsten Filmproduktionen der letzten Zeit. Und fügt sich dennoch in eine Entwicklung ein, die in den letzten Jahren verstärkt zu beobachten ist: die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen jenseits aufgeplusterter Biopics und dokumentarischer Recherchearbeiten, die selten wirklich neue Aspekte hervorzubringen verstehen.
Ganz nah dran an der gleichnamigen Bühnenvorlage von Peter Weiss aus dem Jahre 1965 (re)inszeniert RP Kahl die Adaption des ersten Auschwitz-Prozesses zu einem Monumentalwerk zwischen Kino, Theater und Rauminstallation — unterstützt von einem Ensemble von Rang und Namen.
Im Zentrum des Films stehen ein Richter, ein Verteidiger und ein Ankläger, die im Rahmen der Verhandlung auf 28 Zeuginnen und Zeugen treffen, die von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Auschwitz berichten. Weitere 11 Zeugen der ehemaligen Lagerverwaltung sagen vor Gericht aus. Die 18 Angeklagten werden im Prozess mit Beschreibungen der Zeugen konfrontiert und sollen Stellung beziehen.
Nach dem Theaterstück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ von Peter Weiss. Das Theaterstück wurde 1965 uraufgeführt und hat bis heute nichts von seinem Schrecken verloren: Es basiert auf persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963 bis 1965).