Auszug aus einem Interview von ZEIT Online mit
Ulrike Klinger, Professorin für Digitale Demokratie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).ZEIT ONLINE: Glauben Sie, dass sich nun andere Portale durchsetzen können? Manche wechseln jetzt zu Mastodon.
Klinger: Mastodon ist anders als Twitter, in mancher Hinsicht viel besser.
ZEIT ONLINE: In welcher?
Klinger: Eigentlich gibt es hier jene free speech, die Elon Musk vorschwebt. Es gibt keine verbindlichen Regeln, jeder Server, jede Community kann selbst festlegen, wie man kommunizieren will. Allerdings ist unklar, was passiert, wenn diese Plattform immer größer wird. Ab zwei Millionen Nutzerinnen greift das NetzDG. Dann kommen ganz andere Fragen: Wer ist zuständig? Muss man nicht doch verbindliche Regeln finden?
ZEIT ONLINE: Noch wirkt Mastodon etwas sperrig und unzugänglich.
Klinger: Ja, es ist gewöhnungsbedürftig, weil es eben nicht diesen Algorithmus wie bei Twitter gibt, der einem die Timeline vorsortiert. Wenn man sich nicht aktiv vernetzt mit Leuten und Hashtags folgt, dann ist da echt nichts los. Twitter macht süchtig. Das gelingt Mastodon noch nicht.
ZEIT ONLINE: Ein Akademikernetzwerk?
Klinger: Tatsächlich ist es für Akademiker relativ einfach, Twitter zu verlassen, da sind schon viele bei Mastodon. Bisher war Academic Twitter wichtig, um sich zu vernetzen und Studien zu verbreiten. Twitter selbst ist ja auch ein Forschungsgegenstand. Es gibt eine Datenschnittstelle für Wissenschaftlerinnen. Ich weiß nicht, wie lange das bei Twitter noch funktioniert. Arbeitet dort überhaupt noch jemand? Ist da noch ein Team? Die Pressestelle beantwortet zumindest keine Anfragen mehr. Die Führungsebene ist weg.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-11/twitter-elon-musk-demokratie-mastodonhttps://www.ulrikeklinger.de/